Partnerschaft, privilegierte

Die P. klingt wie eine enge Beziehung zwischen zwei Gleichberechtigten. Im politischen Alltag ist sie jedoch genau das nicht. Sie wird dort vielmehr in Abgrenzung zur Gemeinschaft verwendet. So erfanden konservative Politiker für den Ehewunsch all jener Menschen, die nicht dem kirchlichen Ideal entsprechen, die eingetragene P. Man hätte das Ganze auch einfach Homoehe oder noch simpler Ehe nennen können. Genau das aber sollte auf jeden Fall vermieden werden. Ganz bewusst ist diese P. der Ehe nur „nachgebildet“, sie soll eben nicht gleichrangig sein, sie soll ausgrenzen, nicht integrieren.

Dieses Konzept der Segregation (das Gegenteil von Integration), propagieren eben jene Politiker auch, wenn es um Länder geht, die nicht in ihr borniertes Weltbild passen. So soll die Türkei nicht Teil der Europäischen Union werden dürfen. Damit es nicht gar so garstig klingt, wurde ihr eine privilegierte P. angeboten. Was jedoch nur als böser Witz gemeint sein kann. Denn ein Privileg ist ein Sonder- oder Vorrecht (lateinisch: privus ‚gesondert‘ und lex ‚Gesetz‘), wodurch der privilegierte Partner also Rechte genießt, die niemand sonst hat. Das ist natürlich eine Antiphrase. Sollen der Türkei doch weniger Rechte (Privilegien) zugestanden werden als einem Vollmitglied. Nebenbei: Auch das ist ein interessantes Wort, impliziert es doch, dass so etwas wie eine unvollständige Mitgliedschaft gibt. Fazit: Sowohl das Adjektiv privilegiert als auch das Substantiv P. verraten das wahre Ansinnen der Erfinder, sie wollen unter sich bleiben.

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19 Kommentare

  1. Schöner Beitrag, dieser Ausdruck hat mich von Anfang an gestört.

    Ich fände es übrigens toll wenn sowas zb. auch einmal pro Woche in einer Zeitung als kleine Kolumne erscheint.
    Hier im Blog und in entsprechenden Kanälen erreicht es ja doch eher bereits sensibilisierte Leser (was ja auch schön ist).

    Gäbe es da nicht eine Zeitung, die Interesse haben könnte?

  2. Ich habe mal gelesen (IIRC in der ZEIT), dass der Begriff “privilegierte Partnerschaft” schon deshalb falsch und perfide ist, weil eine solche defaco schon besteht. Die EU hat mehrere Verträge mit der Türkei abgeschlossen was den Handel usw betrifft.
    Die nächste Stufe die möglich wäre soll schon die “Vollmitgliedschaft” sein..
    Wenn das stimmt fordert man also auch ständig etwas, was es schon längst gibt.

  3. Was ich noch sagen wollte; ich würde mich freuen wenn ihr etwas schreiben könntet über dieses unsägliche “Deutschland geht es gut!” (oder etwas abgewandelt wie “Deutschland steht so gut da wie nie zuvor!” was z.B. gerne von Angela Merkel aber auch vielen anderen Politikern verwendet wird..

  4. Klar, verglichen mit einem Vollmitglied de Gemeinschaft ist die p.P. natürlich weniger Wert, aber verglichen mit dem Zustand ohne weitere Verabredungen kann sie durchaus mit Vorteilen ausgestattet sein. Daher finde ich diesen Begriff nicht so euphemistisch, wie im Beitrag behauptet.

    Wir man dieses Angebot für einen derartigen Zwischenstatus politisch bewertet, steht auf einem anderen Blatt. Bei den aktuellen Problemen in Europa finde ich eine sehr vorsichtige Erweiterung durchaus verantwortungsvoll.

  5. Schick, schick. Gut entlarvte Spitzfindigkeit. Im Sozialrecht geht das Debakel sogar noch weiter, da es teilweise “priviligierte” Berechnungen für die P. gibt; sehr vorteilhaft, versteht sich…

  6. Gleich zweimal die kritische Anmerkung: Ich sehe hier nichts entlarvt, sondern nur das festgestellt, was bei näherer Betrachtung offensichtlich ist und auch gar nicht versteckt werden sollte.

    Die eingetragene Partnerschaft sollte tatsächlich nicht das Gleiche sein wie eine Ehe. Sie war ein erster Schritt zu einem gesellschaftlich und rechtlich geschütztem Status. Eben keine Homo-Ehe zu sein, hat sie auch vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen lassen. Ich sehe das eher integrierend als segregierend: Vorher war da nichts, jetzt ist da die eingetragene Partnerschaft.

    Ebenso stehen die Ablehner einer Mitgliedschaft der Türkei in der EU dazu, eben keine Mitgliedschaft anzubieten. Der Partner mit Vor- oder Sonderrechten soll weniger sein als ein Mitglied, aber mehr als die anderen Partner. Das kann man ablehnen oder befürworten, sprachlich halte ich es für korrekt.

  7. anhängsel
    @L. Trepl
    Vielen Dank für den Gedanken; ich stimme zu. Mein Impuls ging aus von einer Erinnerung an eine Stelle bei J. G. Seume im “Spaziergang nach Syrakus”, die ich leider nicht wiedergefunden habe. So jedenfalls bestätigt sich Ihre Bemerkung, das sei “modern” richtig, denn auch der Seume am Anfang des 19. Jhds war schon in der sogenannten Moderne.
    Was den Anonymus betrifft: Irgendwie scheint da ein Gedanke hinter der Äußerung zu sein, … aber als Antwort auf Ihren Beitrag kann ich damit auch nichts anfangen. Eine Erklärung wäre schön, denn darum gehts ja (uns, mir?) bei solchen Kommentaren. &

  8. Hier liegt ihr leider falsch. Nicht Partnerschaft ist das Neusprech-Wort, sondern “Homoehe”. Denn “Ehe” enthält von der Begrifflichkeit her nur die Verbindung zwischen Mann und Frau. Überträgt man diesen auf gleichgeschlechtliche Paare, so stellt dies eine Umdefinierung des Ehe-Begriffs dar.

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