Studienbeiträge

Bildung war für Wilhelm von Humboldt nicht Ausbildung in einem bestimmten Beruf, für ihn war sie die Bildung eines möglichst autonomen und entfalteten Menschen. Und was ist der größte Gegner solcher Freiheit? Genau: Abhängigkeit. Daher sollten die Bildungsbeflissenen nichts zahlen müssen und Zustiftungen das Geld erbringen – freiwillige Gaben ohne Verpflichtung. Er nannte sie Beiträge, im Sinne von Beiträgen der Nation. Eine schöne Idee. Das fand offensichtlich auch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Denn es versucht in einem Text aus dem Jahr 2006 das Wort Studienbeiträge zu installieren und der Politik tatkräftig bei der Einführung solcher zu helfen. Das klingt erst einmal hehr, wer würde nicht seinen Beitrag leisten wollen, um Bildung und Ausbildung unseres Nachwuchses zu verbessern? Leider, leider ist das so nicht gemeint. Denn diese Abgabe ist nicht freiwillig und auch kein Beitrag, sie ist eine Gebühr, dem Gebührenschuldner vom Staate auferlegt, um für eine vom Staate in Anspruch genommene Leistung zu zahlen. Wer unbedingt studieren will, so die Logik der Studiengebühren, wie sie ehrlicherweise genannt werden sollten, soll gefälligst selbst dafür zahlen. Kostet ja schließlich, so eine Universität, und warum müssen alle dafür aufkommen, haben ja nur ein paar was davon, oder? Was für eine kurzsichtige und dumme Politik, die das Centrum für Hochschulentwicklung da versucht zu beschönigen: Wenn eine Nation sich bildet, profitieren alle, je mehr, desto stärker. Die Kosten dafür über Gebühr einer bestimmten Gruppe aufzubürden, ist nicht nur nicht gerecht, es ist auch im schlimmsten Sinne nachhaltig. Es macht Bildung abhängig vom Einkommen und sorgt so dafür, dass nicht mehr die Besten gefördert werden, sondern nur noch die Reichen. Wer an Bildung spart – und nur darum geht es hier –, der sorgt dafür, dass die daraus resultierenden Folgen irgendwann die ganze Nation bezahlt. Es sei denn, irgendein Centrum findet wieder einen Weg, sie irgendwem als Gebühr aufzubürden … Verzeihung, als Beitrag.

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7 Kommentare

  1. Der Hintergrund dieser Umbenennung ist auch im Rechtswesen zu suchen. Gebühr und Beitrag werden unterschiedlich definiert. So muss für eine Gebühr unmittelbar eine Gegenleistung erbracht werden, wobei ein Beitrag pauschal erhoben werden kann und dem Zahlenden damit nur die Möglichkeit der Nutzung eingeräumt wird.

  2. Herr Müller hat recht, durch den juristischen Unterschied ist “Beitrag” tatsächlich korrekt. Auch wäre bei “Gebühren” die Pflicht der Hochschulen auch eine Gegenleistung dafür zu bringen viel höher. “Beiträge” dürfen sie nehmen und die Studenten dann trotzdem aus den Seminaren schmeissen. Eine perverse Regelung.
    Trotzdem klingt “Studienbeiträge” harmloser als “Studiengebühren” und man kann Opposition und Befürworter gut daran auseinanderhalten. In Nordrhein-Westfalen heißen die Studiengebühren also auch “Studienbeiträge” seit die letzte Regierung sie allgemein eingeführt hat. Die jetzige Regierung will die “Studiengebühren” wieder abschaffen…

  3. tja, also bei diesem Begriff geht es wohl eher um politische Meinung. schreiben Sie ja auch:
    “Was für eine kurzsichtige und dumme Politik, die das Centrum für Hochschulentwicklung da versucht zu beschönigen: Wenn eine Nation sich bildet, profitieren alle, je mehr, desto stärker. Die Kosten dafür über Gebühr einer bestimmten Gruppe aufzubürden, ist nicht nur nicht gerecht, es ist auch im schlimmsten Sinne nachhaltig.”

    also: alle, die Steuern zahlen finanzieren die Universitäten, die Studenten während des Studiums mussten dies bisher nicht. ob sie nach dem Studium (in Deutschland) arbeiten bleibt offen. deswegen sollen sie ebenfalls einen Beitrag leisten. Studienbeiträge ist also kein Neusprech. es ist eindeutig.

    natürlich kann man das wie Sie anders sehen. hat aber eben mit Neusprech nichts zu tun.

  4. Pingback: Datenkanal

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