Ermittlungspanne

Hatten Sie schon einmal eine Panne? So etwas ist lästig, plötzlich macht es Zisch, und der Reifen ist kaputt. Oder der Keilriemen. Glücklicherweise lässt sich so ein Ding vergleichsweise einfach flicken. Zur Not gibt es Werkstätten. Anschließend kann man weiterfahren, als wäre nichts gewesen. Mit der E., von der in Politik und Medien gern mal die Rede ist, verhält es sich leider nicht so einfach. Denn die Panne suggeriert, dass niemand etwas für sie kann, dass sie ein unabwendbares Schicksal ist. Dabei gibt es durchaus Verantwortliche, wenn beispielsweise die Polizei ermittelt. Polizisten eben. Die ermitteln nur leider gelegentlich die falschen Dinge, weil sie sich von ihren Vorurteilen oder vom Glauben an ein Ermittlungsinstrument leiten lassen. Angesichts der Tragweite solcher Fehlentscheidungen – denn um solche geht es –, verharmlost der Ausdruck E. das Problem und ist damit ein klassischer Fall von Neusprech. Ernstlich verschleiernd wird es, wenn gar von einer Pannenserie die Rede ist. Das Wortglied Serie weist nämlich darauf hin, dass nichts zufällig passiert, sondern dass ein Verursacher hier systematisch versagt.

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5 Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel!
    Es wäre vielleicht noch eine Kleinigkeit in folgendem Satz zu ergänzen:
    “Die ermitteln nur leider gelegentlich die falschen Dinge, weil sie sich von ihren Vorurteilen oder vom Glauben an ein Ermittlungsinstrument leiten lassen.”
    Mein Ergänzungsvorschlag wäre:
    “Die ermitteln nur leider gelegentlich die falschen Dinge, weil sie sich von ihren Vorurteilen oder vom Glauben an ein Ermittlungsinstrument leiten lassen, oder weil es von Vorgesetzten so bestimmt wurde.”
    Liebe Grüße
    Tomi

  2. Wie manipulativ von dem Beitrag, bereits zu Beginn die Deutungshoheit über das Wort Panne zu erlangen, indem das Bild einer Autopanne gezeichnet wird.

    Sie können das Wort Panne nicht einfach mit dem Wort Autopanne gleichsetzen! Eine Panne ist erstmal nicht mehr, als eine Betriebsstörung. Und die Betriebsstörung bei einem Auto geht in der Regel ohne schuldhaftes Zutun des Fahrers einher, richtig. Damit haben sie sich aber auch bewußt genau die Panne ausgesucht, bei der dies so ist.

    Bei einer Theaterpanne, einer Fernsehübertragungspanne, oder gar einer Panne im Atomkraftwerk XYZ, hätte der Wortbestandteil Panne niemals die von Ihnen unterstellte Suggestionskraft, des unabwendbaren Schicksals.

    Ich glaube sogar fest daran, dass in fast jedem Pannenfall, außer dem der Autopanne, im Durchschnitts-Kopfkino des Lesers sofort menschliches Versagen vorweggenommen wird. Im Zweifel also genau die Fehlentscheidungen, die ihrer Meinung nach durch den Gebrauch des Wortes Panne verschleiert werden sollen.

    Man kann sich darüber streiten, ob Ermittlungspanne Neusprech ist, oder nicht. Wenn man ganz klar auch von Ermittlungsfehler sprechen kann, sehe ich natürlich auch den Fall von sprachlicher Verschleierung. Nur eben die Herleitung über:
    Panne = Autopanne = Unverschuldet ist mangelhaft bis falsch.

    Die mögliche Neusprechqualität des Wortes Ermittlungspanne liegt eher in der theoretischen Wertungsneutralität des Wortes Panne. Genau weil es erstmal nur eine allgemeine Betriebsstörung ist, kann man über den Gebrauch vermeiden, von Schuldigen und Schuld zu Sprechen, selbst wenn Panne – ich bleibe dabei – suggeriert, dass Irgendwer schon Irgendwas falsch gemacht haben muss.

    Der zweifelsfreie Fingerzeig auf Schuld und Schuldige ist in manchen Fällen aber auch nicht, oder eben noch nicht möglich. In vielen Fällen wird dies natürlich auch als taktische Rückzugsposition gewählt, wenn Zweifelsfreihet juristisch oder moralisch geklärt werden müssen.

    Dann möchte man natürlich im besten Falle abwarten, wer juristisch am Ende als Schuldiger dasteht, oder welche moralischen Schuldspruch die Mehrheit fällt.
    Wo letzteres schon fragwürdig erscheinen kann, wird im schlimmsten Falle der Versuch unternommen, die gewonnen Zeit des Zweifels an konkreter Schuld zu nutzen, um Öffentliche Meinung und Judikative zu Beeinflussen.

    Aus dieser Mischung kann sicher etwas entstehen, wo das Wort Panne der Schlüssel zu Neusprech wird. Aber die Herleitung über Autopanne ist dermaßen unterkomplex, dass es mich dopplet ärgert, weil mein Kommentar als Verteidigung des Begriffs Ermittlungspanne fehlinterpretiert werden könnte.

  3. Lieber Schneemann,

    vielen Dank für Ihren Beitrag und die Mühe, die Sie sich damit gemacht haben. So ganz teilen aber kann ich Ihren Furor nicht. Vergessen wir kurz das Auto und fragen ganz sachlich den Duden. Der nennt zur Panne a) die Störung, den technischen Schaden und b) einen Fehler oder durch gedankenloses Handeln verursachtes Missgeschick. Beide Bedeutungen weisen einerseits auf ein eher kleines Problem und andererseits auf eine eher geringe Beteiligung eines Menschen hin. Nicht ist dabei gezielt, geplant oder absichtsvoll.

    Genau diese Bedeutungen aber soll das Wort E. nach meiner Meinung kaschieren – die erhebliche und absichtsvolle Beteiligung von Menschen an dem Problem. Denn die Ermittler taten offenbar nicht, was Ermittler tun sollen: vorurteilsfrei Fakten ermitteln. Sie werteten in einem frühen Stadium der Ermittlungen und gaben diesen so eine fatale Richtung. Infolge dessen wurden Dutzende Menschen unschuldig beschuldigt.

    Übrigens, wenn Sie versuchen sollten, mir einen geschmolzenen Reaktor oder ähnliches als Panne zu verkaufen, würde ich Sie auch des Neusprech zeihen. Denn Panne ist nach üblichem Sprachverständnis eher etwas kleines, wenig dramatisches. Und auch darauf zielte das Bild mit der Autopanne.

    Beste Grüße
    Kai Biermann

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