Stiftung

Der Ausdruck stiften kommt aus dem Germanischen und bezeichnete wahrscheinlich, Bauten auf Pfählen zu bauen. Er wandelte sich dann zum allgemeinen Gründen oder Errichten und meint heute vor allem, Eigentum herzugeben, um anderen in Form einer S. etwas Zugute kommen zu lassen. Die Betreiber deutscher Atomkraftwerke beweisen gerade grenzenlosen Zynismus, indem sie diese positive Bedeutung umdrehen. Sie wollen, schreibt Der Spiegel, ihre sämtlichen Atomkraftwerke einer S. übergeben. Die soll dem Bund gehören. Der möge dann dafür sorgen, sie zu betreiben, solange sie noch betrieben werden dürfen und anschließend sich bitte auch um den Abriss und die Entsorgung des Mülls kümmern. Dreißig Milliarden Euro wollen die Kraftwerksbesitzer in die S. einzahlen, also einen Bruchteil der wahrscheinlichen Kosten. Deren tatsächliche Höhe ist kaum abzuschätzen und wird garantiert viel größer sein. Sollten die dreißig Milliarden nicht genügen, müsste der Bund den Rest übernehmen – und damit alle Bürger, denn der Bund bekommt sein Geld von den Steuerzahlern. Jahrzehntelang haben die Betreiber der Atomkraftwerke riesige Gewinne kassiert, die drohenden Verluste aber wollen sie nun der Gesellschaft aufbürden. Sie stiften ihr ein unkalkulierbares finanzielles Risiko, wohl wissend, dass sie damit allen schaden. Damit die Bundesregierung dieser eigennützigen S. zustimmt, wird ihr unverhohlen gedroht: „Möglicherweise“ wären die Kraftwerksunternehmer im Gegenzug bereit, auf milliardenteure Klagen gegen die Regierung zu verzichten. Von denen reden die Stromfirmenbosse seit einiger Zeit, da die Politik die Frechheit besaß, das unkalkulierbare technische Risiko Atomkraftwerk gesetzlich zu beenden.

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8 Kommentare

  1. Hier liegt ein klares misverständniss vor, dass ist die Perfektion der sozialen Marktwirtschaft und nicht etwa Betrug und Erpressung.

  2. Die Stromindustrie will stiften gehen (SCNR). Das Schema sehen wir doch überall: Gewinne privatisieren, Kosten kommunalisieren. Egal ob es um Krankenhäuser oder EEG-Umlagen geht – alles, was nur kostet und nichts bringt, wird der Allgemeinheit überlassen.
    Die Idee der Stiftung, die in aller Regel gemeinnützigen Zwecken dient und daher als Begriff positiv besetzt wird, wird ja von der Industrie gerne gebraucht, um gewinnorientierte Ziele zu verfolgen, was ich für grenzwertig halte. Die Atomstiftung ist allerdings geradezu eine Perversion der Stiftungsidee.

  3. Die Rechtsform der Stiftung ist eine erstaunlich kluge Idee, denn Stiftungen werden in der Regel auf Ewigkeit errichtet.
    Zynisch ist in der Tat die Idee, nach Jahrzehnten sprudelnder Gewinne den strahlenden Schrott der öffentlichen Hand zu überlassen.

    Am Beispiel des AKW Stade kann man die Plausibilität der Stiftungsidee http://de.m.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Stade prüfen. Die Kosten für den “Rückbau” betragen angeblich 500 Mio. Euro.
    Abgesehen von den Forschungsreaktoren gibt es 37 AKWS, die abgerissen werden müssten. http://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_Deutschland
    Das illustriert, dass die Betreiber sich einen schlanken Fuß machen wollen.

    Sie tun so, als legten sie mehr als die Hälfte der Abrisskosten auf den Tisch. In der Kalkulation sind die Kosten für die Endlager des Atommülls nicht enthalten. Bestenfalls verfügte die Stiftung über 2 Mrd Euro, wenn der Bund ebenfalls 30 Mrd Euro reinsteckte.

    Der Zynismus ist auch deswegen ekelerregend, weil die Unternehmen mit Rückzahlung von über 2 Mrd Euro Brennelementesteuer rechnen. http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2014-04/brennelementesteuer-klage-rueckzahlung

    Sie machen sich aus dem Staub. Die Stiftungsidee versucht, diesen Sachverhalt zu verschleiern.

  4. Die Geschichte einer vollständig staatlich und planwirtschaftlich subventionierten und tatsächlich weder gesellschaftlich akzeptierten noch betriebswirtschaftlich tragfähigen Technikentwicklung.

  5. Mal wieder unglaublich, aber anscheinend wahr. Im Prinzip allerdings nichts Neues, denn Risiken minimieren und an andere abwälzen sind wirtschaftliche und manchmal auch staatliche Praktik von jeher.

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