Handlungsfähigkeit

Die H. ist ein Pleonasmus (so etwas wie ein weißer Schimmel oder die Siebentagewoche also). Denn entweder ist man fähig zu handeln, dann handelt man – oder eben nicht. Der Satz, irgendjemand beweise seine H., sollte daher skeptisch machen. Vor allem, wenn der Beweis darin besteht, dass irgendwer plötzlich etwas tut, was er bislang tunlichst unterlassen hatte. Einen Verteidigungsminister rausschmeißen beispielsweise oder ein paar Atomkraftwerke abschalten. Wäre ein Politiker bekannt für seinen Willen und seine Fähigkeit, Dinge zu ändern, wäre er handlungsfähig und müsste nicht darüber reden, was er demnächst alles anpacken möchte. Auch dass ständig jemand tönt, er könne die H. wiedergewinnen, wenn er nur dieses oder jenes bekäme – meistens Geld –, ist eher bedenklich. Besteht doch die nicht unerhebliche Chance, dass die H. nur deshalb zum Popanz erhoben wird, weil niemand sie besitzt. Ja vielleicht sogar niemand sie besitzen möchte. Immerhin ist es riskant, zu handeln, birgt es doch die Gefahr, hinterher zur Verantwortung gezogen zu werden, getreu der einzigen Regel des Beamtenmikados: Wer sich zuerst bewegt, verliert. Die H. ist damit so etwas wie der Totmannknopf der Politik. Wer ständig auf ihn drückt, zeigt, dass er noch lebt – ohne dass er dafür wirklich etwas tun muss. Vgl. auch Handlungsbedarf. Der wird gern gesehen, ohne dass eine Reaktion erfolgt. Was soviel heißt wie: Wir würden ja gern, aber leider, leider können wir nicht. Oder sind zu borniert, überhaupt das Problem zu erkennen.

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20 Kommentare

  1. Pingback: Anonymous
  2. Ich fände es schöner wenn ihr das thematisierte Wort im Text nicht abkürzen würdet. Wurde auch schonmal in einem anderen Beitrag angeregt und ich dachte das wäre auf Gegenliebe gestoßen :-)

  3. “Denn entweder ist man fähig zu handeln, dann handelt man – oder eben nicht.”
    Einspruch, euer Ehren. Es gibt hier noch mindestens den Unterschied zwischen fähig im Sinn von “potentiell tun können” (ausgebildet dafür sein, Ahnung haben, …) und fähig im Sinn von “dies *jetzt* tun können”
    Ein Wartungstechniker im Kraftwerk mag fähig sein, eine Maschine zu reparieren (er weiß, wie er’s machen muss, wo Gefahren liegen, …) – aber dies dennoch momentan unfähig dazu sein (weil die Maschine irgendwo ist, wo er nicht hinkommt, keine Ersatzteile da sind…)
    Oder: Ein Soldat mag die Fähigkeit haben, Leute gezielt umzubringen — dennoch wird er’s üblicherweise >>99% der Zeit nicht machen.
    Jemand *muss* also nicht etwas tun, nur weil er potentiell die Fähigkeit dazu hat.

  4. Ich mag euren Blog, weil er zur Sprache bringt, was ins unseren “neuen” Welt so alles beschönigt beschrieben wird, aber bitte keine urbanen Legenden verlängern. Es gibt nunmal auch schwarzer Schimmel! Bitte ändert das. Mit lieben Grüßen maieutike.

  5. @maieutike

    Wenn ich den verlinkten Wikipeadiabeitrag richtig verstehe, dann steht da, dass alle Schimmel mit der Zeit weiß werden (ausschimmeln). Und dass die weiße Farbe ein wesentliches Merkmal ihres Schimmel-seins ist – neben dem spezifischen Gen, das zu der Farbe führt.

    Zitat: Als Schimmel bezeichnet man ein Pferd beliebiger Rasse, das in beliebiger Farbe geboren wird, aufgrund des Grey-Gens allerdings allmählich weiß wird.

    Ich weiß daher nicht so richtig, warum wir es ändern sollten.

    Beste Grüße
    k.

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