besorgt

Das Wort Sorge ist verwandt mit dem Englischen sorrow und bedeutete wohl ursprünglich so etwas wie Trauer. Von daher hat es sich, möglicherweise beeinflusst durch sein lateinisches Pendant cura, zu der Bedeutung des Sich-Kümmerns weiterentwickelt, was ja auch von Kummer kommt. Die Ableitung b. (‚mit Sorge versehen‘) hat daher eine durchaus positive Bedeutung. Wer b. ist, macht sich Gedanken und will möglicherweise sogar etwas zum Positiven verändern. Jedoch wird b. leider auch in einem ganz anderen Kontext verwendet: als Euphemismus für fremdenfeindlich, rassistisch oder schwulenfeindlich: b.-e Bürger protestieren gegen Flüchtlinge, b.-e Anwohner gegen Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Nähe, wobei nicht sicher ist, ob alle „Anwohner“ wirklich dort wohnen, wo sie protestieren. Worum sie sich eigentlich sorgen, bleibt ebenso unklar. Um das Schicksal der Flüchtlinge jedenfalls nicht. B.-e Eltern protestieren gegen das Thema Homosexualität im Unterricht, wobei auch hier nicht sicher ist, ob alle Protestierenden schulpflichtige Kinder haben und welche Sorgen sie sich da im Einzelnen machen. Hier soll verschleiert werden, dass es sich um schwulenfeindliche Proteste handelt. Wer b. in diesen Zusammenhängen verwendet, will hässliche Vorurteile rechtfertigen, ja sie zu etwas Positivem umdeuten. Was hoffentlich nicht gelingt. Ein Zeichen dafür ist, dass b. durch die häufige Verwendung in solchen Kontexten eine negative Konnotation bekommt: Wer b. ist, wirkt nun auf jeden Fall unsympathisch.

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Weitere sprachlichen Umdeutungen und Neuschöpfungen:
8 Reaktionen zu "besorgt"
31. August 2015 um 17:47
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Der Umgang mit Fremdenfeindlichkeit | bundessenf
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