Am Anfang war ein Adverb namens ehemals. Das bedeutet ‚früher‘. Aus diesem wurde dann mithife der Adjektivableitung -ig ein charakterisierendes Adjektiv mit der Bedeutung ‚wie ehemals‘, also ,wie früher‘. Manchmal wird es auch genau so verwendet, beispielsweise in der Kombination das ehemalige Berlin – ‚Berlin wie es früher war‘. Oder auch die ehemalige BRD. Das meint dann die BRD wie sie früher war. Es meint aber nicht, dass die BRD nicht mehr existiert. Wer also sagt, die ehemalige DDR und damit ausdrücken will, dass es die DDR nicht mehr gibt, der redet Unsinn. Denn eine ehemalige DDR gäbe es nur, wenn es noch eine DDR gäbe und wir darüber reden wollten, dass sie heute zwar noch da ist, früher aber anders aussah. Alles klar soweit? Wenn also jemand sagen möchte, dass er in der DDR aufgewachsen ist, reicht es völlig, zu sagen, dass er in der DDR aufgewachsen ist. Denn jeder weiß, dass sie nicht mehr vorhanden ist. Das e. braucht in diesem Zusammenhang niemand. Und es stellt sich vielmehr die Frage, warum jemand das Offenkundige hervorheben muss. Die sich leicht beantworten lässt: Derjenige hat offensichtlich bis heute ein Problem mit der einstigen Existenz. Das e. dient also dazu, die DDR in Anführungszeichen zu setzen, wie es der Springer-Verlag noch bis August 1989 tat.
Ich halte die Interpretation, nach der “ehemalige DDR” nur sagt, wer mit der Existenz der DDR “Probleme hatte” für eher gewagt.
Zunächst würde ich annehmen, dass nahezu jeder vernünftige Mensch mit der Existenz eines Staates “Probleme hat”, der seinen Bürgern grundlegende Freiheiten vorenthält und sie dafür systematisch bespitzelt und für missliebige Äußerungen bestraft.
Zum anderen aber kann ich beim besten Willen nicht feststellen, dass die Verwendung dieses an dieser Stelle völlig überflüssigen Adjektivs mit der politischen Haltung des Sprechrs korreliert.
Also, damals beim ehemaligen Kaiser, und erst recht in der ehemaligen Weimarer Republik hätte es solche Blogeinträge nicht gegeben! Denn damals gab es noch kein derzeitiges Internet, bestenfalls ehemalige Grammofone. Obwohl: Waren nicht schon die alten ehemaligen Römer (oder waren’s die ehemaligen Griechen?) im ehemaligen Römischen Reich als große ehemalige Verfechter der ehemaligen lateinischen Sprache … Nee, da fällt mir jetzt keine kluge Überleitung ein. Ich wollte nur deutlich machen: “Ehemalig” ist m.E. im Zusammenhang mit der DDR schlichtweg ein Kampfbegriff. Denn für andere niedergegangene Staaten/Staatsformen/… wird er nicht verwendet.