Integration geht auf das lateinische Adjektiv
integer für „ganz“ oder „rein“ zurück, das es auch als deutsches Fremdwort gibt, meist für eine aussterbende Art von Politikern. In der Soziologie bekam der zuvor schon in anderen Disziplinen geläufige Terminus
Integration die Bedeutung „(Wieder-) Herstellung eines gesellschaftlichen Ganzen“. Gemeint ist also die Zusammenführung von Teil- oder Parallelgesellschaften zu einer gesellschaftlichen Ganzheit. Nun fordern
Vertreter einer nicht aussterbenden Art von Politikern, dass
Integrationsverweigerer oder gar
Integrationsmuffel bestraft werden sollen, und meinen damit Einwanderer, obwohl die Verweigerer oder Muffel wohl eher in den Reihen dieser Politiker oder ihrer Wähler zu suchen sind. In der Psychoanalyse spricht man von Projektion, wenn das eigene (Fehl-) Verhalten anderen angekreidet wird. Es werden also
Integrationsregeln für Einwanderer gefordert; Regeln sind keine Gesetze,
dennoch soll bestraft werden, wer sich nicht daran hält. Das ist schon juristisch fragwürdig, und angesichts der Wortbedeutung von
Integration erst recht: denn da es sich dabei um eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit handelt, haben diese Regeln den Charakter von Konventionen, die für alle Mitglieder der Gesellschaft gelten. Zum Erlernen der Integrationsregeln werden außerdem
Integrationskurse gefordert – wieder nur für Einwanderer. Denn von Fremden haben wir doch nichts zu lernen; das wäre ja noch schöner! Moment mal: Ist nicht Lernen definitionsgemäß das Aneignen von Fremdem? Und ist da nicht im eigentlichen Wortsinn von
Integration die ganze Gesellschaft gefordert?
Weitere sprachlichen Umdeutungen und Neuschöpfungen:
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12 Reaktionen zu "Integrationsverweigerer"
3. Juni 2013 um 13:22
die ennomane » Blog Archive » Lasst sie einfach leben!
9. Juni 2013 um 10:00
die ennomane » Blog Archive » Links der Woche