Anschlussverwendung

Beim Militär werden Menschen „verwendet“. Denn sie sind dort genauso ein Ding wie Autos oder Gewehre, eine Sache die aufgebraucht, ja sogar „verheizt“ wird. In der zivilisierten Welt ist eine solche Sicht auf Mitmenschen hingegen verpönt, eben weil sie dann nicht mehr als Mensch betrachtet werden, sondern als Gegenstand ohne eigenen Willen und eigene Bedürfnisse. Warum wir das erwähnen? Weil ein FDP-Chef gerade mehr als zehntausend arbeitslos werdenden Menschen empfohlen hat, sich mal schnell um eine A. zu bemühen. So als wären sie Maschinen, die sich um jemand neues kümmern sollten, der sie einsetzt und bedient. Man könnte dem Parteichef zugute halten, dass er lange bei der Bundeswehr gearbeitet hat und die zynische und unmenschliche Sprache des Militärs zu seiner Lebenswelt gehört. Muss man aber nicht. Weswegen wir spaßeshalber mal wieder aus dem „Schockwellenreiter“ zitieren: „Wenn es ein Phänomen wie das absolute Böse überhaupt gibt, dann besteht es darin, einen Menschen wie ein Ding zu behandeln.“

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25 Kommentare

  1. “Anschlussverwendung” Was für ein schreckliches Wort Rösler in dem Interview verwendet. Es verrät den Bezug, den manche Politiker, nicht nur der FDP, zu den Menschen haben.

  2. Wenn ich es recht bedenke, sollte man nicht zu viel auf solchen Wörtern rumreiten. Politiker müssen ein Stück weit abstrakt denken und formulieren auch so. Dieser denkt eben in wirtschaftlichen Kategorien, so, dass der Mensch für den Markt da sei.
    Die Haltung der FDP, Schlecker Pleite gehen zu lassen und nicht staatlich zu subventionieren, fand ich allerdings richtig, obwohl ich definitiv kein FDP-Wähler bin.
    Hoffentlich entwickeln sich die Piraten so, dass ihr ‘sozial’ vor ‘liberal’ nicht heißt, gestrichene Arbeitsplätze künstlich zu erhalten, sondern die Leute in Würde, also ohne den Druck abzusichern, Erwerbsarbeit zu suchen, obschon es nicht mehr so viel davon gibt. Das bedingungslose Grundeinkommen wäre eine Möglichkeit dahingehend.

  3. Welch schön entlarvender Freudscher Versprecher, der Einblick in das abgründige Menschenbild dieser Person offenbart. Danke, FDP-Chef; da weiß man, wo man dran ist.

  4. Es werden keineswegs nur beim Militär Menschen “verwendet”, sondern gemäß Jurajargon alle Beamten. Das macht die Formulierung in meinen Augen nicht besser, entschärft aber zumindest ein bißchen den Gewaltaspekt, der durch die ausschließliche Erwähnung des militärischen Sprachgebrauchs in Ihrem Artikel stark betont wird.

    In dem Zusammenhang des Interviews stimme ich zu, daß es sich um eine (kalkulierte?) Herabwürdigung handelt.

  5. Wenn ich nicht irre, entstand das Berufsbeamtentum aus dem Gedanken militärischer Organisation heraus. Erfunden von Friedrich Wilhelm I., genannt der Soldatenkönig.

    Beste Grüße
    Kai Biermann

  6. @Veit

    Der Witz der Abstraktion ist, dass das Gesagte nicht so finster rüberkommt, wie es gemeint ist, deswegen tun Politiker das. Stellen Sie sich den Aufschrei vor, wenn Rösler schulterzuckend gesagt hätte, da müssen sich 10.000 Frauen nun eben mal schnell um einen neuen Job bemühen.

    lg
    Kai Biermann

  7. @Kai
    Rösler hat sich bemüht, es pietätvoll zu sagen. Hat nicht geklappt, weil nicht der Mensch im Mittelpunkt seiner Politik steht.
    Abgesehen davon, sind hier viele Menschen unterwegs, die die FDP (gerne) runtermachen. Man sollte aber nicht vergessen, dass unsere moderne Gesellschaft nur liberal funktionieren kann. Wenn keine andere Partei dem Rechnung trägt, wird die FDP oder etwas Ähnliches zurückkommen!
    So hoffe ich, die Piraten werden das Liberale vertreten, ausgewogen mit dem Sozialen.

  8. Gut gehört!
    Obwohl sich Rössler vermutlich nur in den Tücken der deutschen Komposita verfangen hat, also im Bürokratendeutsch, das präzise sein möchte und dabei so umständlich wird, bis es im Jargon der Unmenschlichkeit versumpft.
    Im Kopf hatte er irgendetwas mit “Anschluss”, “die Frauen müssen sich jetzt schnell um einen Anschlussjob bemühen”. So kann er das aber nicht sagen, die sind ja “Opfer”, denen muss man helfen. Also wollte er das mit dem Anschlussjob nicht allein den Frauen zur Aufgabe machen, sondern auch den Arbeitsämtern als Aufgabe zuschustern. Und da landete er dann unglücklicher- oder verrätischerweise bei der Anschlussverwendung.
    So etwas passiert immer, wenn man einen Krückstock verschluckt und den Kontakt mit der natürlichen Sprache verliert. Männern fällt das flüssige Reden ja sowieso oft ziemlich schwer, deshalb hört man so ein Bürokratengestammel immer eher von ihnen. Es ist letztlich die Unfähigkeit, sich natürlich auszudrücken. Das trägt viel bei zur Kluft zwischen denen oben in der Politik und denen unten an und vor der Kasse.

  9. Anschlüsse sind schon so eine Sache… egal ob an Österreich oder Handelswege für Deutschland… *hust*

    Kurioserweise überblickt man diese Anschlüsse, Ausschüsse und Anschisse erst, wenn man mal den TV-Anschluss zum Abschuss freigibt.

    :)

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