Verbrämendes Bürokratendeutsch für arbeitslos. Keine Frage, es gibt viele Menschen, die eine Arbeit suchen. Beispielsweise, weil sie der Liebe wegen in eine neue Stadt ziehen wollen, oder weil sie sich neue Aufgaben wünschen. Das aber meint das Arbeitsamt Jobcenter nicht, wenn es unterscheidet zwischen a. und arbeitslos. Denn all jene, die sich laut Paragraf 38 Drittes Sozialgesetzbuch als a. melden müssen, sind bald ohne Arbeit und wissen das auch. Zitat SGB III: „Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.“ Sie sind also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst arbeitslos, könnten also auch so genannt werden. Werden sie aber nicht. Denn wer sich a. meldet, taucht in der Arbeitslosenstatistik noch nicht auf, obwohl er es, wird das Dritte Sozialgesetzbuch wortwörtlich ausgelegt, müsste. Es handelt sich also um einen Euphemismus, eine Beschönigung, die in diesem Fall eine Schönrechnung ist. Was noch klarer wird, vergegenwärtigt man sich die Tatsache, dass auch viele, die tatsächlich arbeitslos sind, natürlich eine Arbeit suchen – also getrost als a. gelten dürften, aber trotzdem nicht so genannt werden. Was sie gleich noch diskriminiert. Legt der damit zwischen beiden Zuständen hergestellte Gegensatz doch nahe, dass Arbeitslose eben nicht nach Arbeit suchen, also faul sind.
Und dann gibt es noch die Arbeitssuchenden, die tatsächlich nach jedem rechtlichen Verständnis arbeitlos sind, aber als arbeitssuchend geführt werden – so sie sich denn in die Datenbank des großen A. aufnehmen lassen -, weil sie keine Leistungen mehr beanspruchen können. Diejenigen nämlich, die verheiratet sind, deren Jahr versicherte Arbeitslosigkeit abgelaufen ist, die aber aufgrund des Einkommens des Gatten keinen Anspruch auf Hartz IV haben – was jetzt nicht das Thema werden soll.
Ich stelle nur den Fakt in den Raum: Kein Anspruch auf Leistungen des A. – nicht arbeitslos, höchstens arbeitssuchend.
Ich würde hier auch eher Sven zustimmen. Arbeitslosigkeit soll aufzeigen, wie viele Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne Erwerb sind (und nicht Renter oder Schüler usw. sind), und nicht es in naher Zukunft sein werden. Ich rechne ja auch nicht jene aus der Statistik heraus, die in den folgenden Monaten wieder eine Stelle antreten werden.
Wenn ich mich den Bestimmungen des SGB gemäß 3 Monate vor dem Ende meiner Beschäftigung als arbeitssuchend melde, und dann als arbeitslos geführt würde, dann wäre ich ja gleichzeit vollzeitbeschäftigt (ich gehe ja weiterhin jeden Tag arbeiten und erhalte mein Geld) und arbeitslos, was sich aus meiner Sicht ausschließt. Und immerhin habe ich auch noch wvolle drei Monate Zeit, eine neue Arbeit zu finden. Die Aussage, dass “all jene, die sich laut Paragraf 38 Drittes Sozialgesetzbuch als a. melden müssen, sind bald ohne Arbeit und wissen das auch. ” entbehrt aus meiner Sicht der Realität. Ich will damit nicht das Problem der Arbeitslosigkeit in irgend einer Form kleinreden, aber der Fall, dass sich jemand gesetzeskonform als arbeitssuchend meldet und trotzdem eine Folgebeschäftigung findet ist kein Ausnahmefall, sondern eher gelebte Praxis.
Schlimmer finde ich eigentlich den Begriff “arbeitslos”, weil er suggeriert, der Betreffende hätte nichts zu tun oder es gäbe überhaupt zu wenig Arbeit für alle. Das stimmt aber vorne und hinten nicht, denn es gibt genügend zu tun, nur will dafür keiner was bezahlen. Deswegen müssen die Betroffenen fortan als Ein-Euro-Jobber, Aufstocker, Praktikanten, geringfügig Beschäftigte, ABM-Teilnehmer oder Ehrenamtliche weiterarbeiten.
@Lemming
In diesem Wortfeld ist die Krönung wohl noch Arbeitgeber/Arbeitnehmer. Tja, wer einen Arbeitsplatz gegeben bekommt, der soll sich was schämen, wenn er auch noch Lohn verlangt…
Arbeitssuchend/Arbeitslos finde ich wie oben gesagt blödsinnig und Argumente wurden auch keine mehr genannt.
Ich finde die Bezeichnungen nicht blödsinnig. Man kann sich doch auch Arbeitssuchend melden, wenn man einen festen Job hat aber wechseln möchte. Ob es Sinn macht das “Jobcenter” als Arbeitsvermittler zu bemühen ist eine andere Frage.
Als sogenannter Arbeitesloser sind die Termine vom Arbeitsamt verbindlich mit Rechtsfolge und als Arbeitssuchender freiwillig.
@Sven: “Obwohl ich bestimmt irgendwann Rente beziehen werde, bin ich heute eben kein Pensionär.”
Das ist korrekt – und wenn Sie irgendwann Rente beziehen sind Sie trotzdem kein Pensionär.
Zum Thema: ich finde die Begriffe sollten schon unterschieden werden, sie sind aber vielleicht etwas unglücklich gewählt (weil es eben genügend Arbeitslose gibt die eine Arbeit suchen).
Und dass jemand der in 3 Monaten nach aktuellem Stand arbeitslos wird nicht in der Arbeitslosenstatistik geführt wird ist auch korrekt. Er ist nun mal nicht arbeitslos, nur weil er es vielleicht in 3 Monaten wird.
Der Artikel ist in großen Teilen falsch. Pfeu Teufel!
Jemand, der die nächsten zwei Monate noch zur Arbeit erscheinen und acht stunden schuften muss, sollte also als “arbeitslos” bezeichnet werden?
Die hier implizierte Dichotomie zwischen “arbeitslos” und “arbeitssuchend” gibt es doch gar nicht:
Ich kann arbeitslos sein, oder ich kann arbeitssuchend sein, oder keines von beidem, oder beides gleichzeitig.
“Sie sind also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst arbeitslos, könnten also auch so genannt werden.” – ach ja? Nach der Logik könnten wir 100-Meter-Läufer auch schon vor dem Start als “im Ziel angekommen” bezeichnen.
Oder wir übertragen diese blödsinnige Idee auf den Mietmarkt: Wenn mein Mietvertrag gekündigt ist und ich noch keine neue Wohnung habe, bin ich also “obdachlos”.
Kai Biermann schreibt: “nunja, de facto ist derjenige bereits arbeitslos. Ich verstehe durchaus, dass erwünscht ist, irgendeine Unterscheidung vorzunehmen. Jedoch scheint mit der Begriff dann doch etwas unglücklich. Vor allem, weil er die Arbeitslosen diskriminiert, die ja auch eine Arbeit suchen.”
Nein, derjenige ist nicht “de facto arbeitslos”. Wäre er das, könnte er doch morgen eine neue Stelle antreten, wenn sie ihm angeboten würde. Ach, kann er nicht, weil er noch die nächsten drei Monate im Beschäftigungsverhältnis steht und 40 Stunden die Woche arbeiten muss? Eben darum ist er auch nicht arbeitslos.
Man kann sich arbeitssuchend melden, ohne sich arbeitslos zu melden, und arbeitslos melden, ohne sich arbeitssuchend zu melden. Die meisten “Kunden” der Arbeitsagentur sind als beides gemeldet.
Und warum sollte es diskriminierend sein, jemanden, der Arbeit sucht, als “arbeitssuchend” zu bezeichnen?
Ich diskriminiere doch Obdachlose auch nicht, wenn ich mich als “wohnungssuchend” bezeichne.
Herr Biermann scheint zu glauben (wenn auch nicht zu sagen), die große Zahl derer, die arbeitslos und arbeitssuchend ist, würde dadurch diskriminiert, dass sie als arbeitslos bezeichnet wird, aber nicht als arbeitssuchend.
Zunächst mal: Wenn man das meint, sollte man gerade auf einem Blog, der sich kritisch mit Sprache auseinandersetzt, auch in der Lage sein, das zu sagen.
Doch viel wichtiger: Das trifft gar nicht zu.
Wer arbeitslos und arbeitssuchend ist, wird auch als beides bezeichnet.
Wenn man von “Arbeitslosen” spricht, bezieht sich das auf alle Arbeitslosen, auch auf die, die eben nicht arbeitssuchend sind. Und ja, die gibt es natürlich. Und die beziehen zu Recht Leistungen. (Langzeitkranke, die auf ihren Rentenbescheid warten, z.B.)
Herr Biermann fordert, man solle Arbeitssuchende “arbeitslos” nennen, und beschwert sich gleichzeitig, dass man Arbeitslose nicht “arbeitssuchend” nennt.
Wie wäre es denn – um mal ganz verwegen zu sein – wenn man Arbeitslose arbeitslos nennt und Arbeitssuchende arbeitssuchend nennt, und diejenigen, auf die beides zutrifft, auch mit beiden Adjektiven bezeichnet? Wissen Sie, wer so verwegen ist? Die Arbeitsagentur!
So, wie wir Obdachlose Obdachlose nennen, egal, ob sie eine Wohnung suchen oder nicht. Und so, wie wir Wohnungssuchende Wohnungssuchende nennen, egal, ob sie noch eine haben oder nicht.
Also, mal Klartext: Warum genau diskriminiert der Begriff “arbeitssuchend” die Arbeitslosen, “die ja auch eine Arbeit suchen”?
Der Artikel ist völliger Unsinn, wie zuvor bereits korrekt ausgeführt wurde.
Ich bin momentan voll berufstätig, mein Vertrag endet jedoch im Februar, weshalb ich eben auch arbeitssuchend gemeldet bin um bereits jetzt entsprechende Angebote der Arbeitsagentur zugeschickt zu bekommen. Trotzdem bin ich momentan mit 40 Wochenarbeitsstunden und existenzsicherndem Gehalt wohl kaum arbeitslos.
Ich finde es außerdem ziemlich unverschämt, mir hier nebenbei von oben herab zu attestieren, dass ich “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst arbeitslos” sein werde. Haben Sie eine Glaskugel oder woher wissen Sie so genau, dass meine aktuellen und zukünftigen Bewerbungen erfolglos sein werden?
Es macht den Anschein als ob der Verfasser einfach keine Ahnung davon hat, worüber er schreibt oder/und dass man dringend eine neues Thema benötigt damit das Blog bespielt werden kann. Ganz schwache Leistung.