B. (auch Biokraftstoff) hat mit Biojoghurt und anderen Bioprodukten nichts zu tun. Es darf als unwahrscheinlich gelten, dass ihm je das Biosiegel zuteil werden wird. Bio- ist im Deutschen reihenbildend und (fast schon) ein Präfix, das so viel bedeutet wie „aus biologisch-kontrolliertem Anbau“. Biosprit hingegen wird nicht biologisch-kontrolliert angebaut. Es handelt sich um Benzin, also ursprünglich Erdöl, dem ein geringer Teil Ethanol beigemischt ist, das aus Pflanzen hergestellt wurde. Meist übrigens unter Verwendung von Dünger (der oft mit Hilfe von fossilen Brennstoffen hergestellt wird) oder gar auf frisch gerodetem Urwaldboden. Die Umweltbilanz von B. ist also alles andere als bio (hier verwendet als prädikatives Adjektiv). Nicht einmal Kohlendioxid spart das teure Agrarbenzin, obwohl genau damit seine Einführung begründet worden war. Das positiv konnotierte Präfix mit Sprit oder Kraftstoff (ein Werbewort für Benzin) zu mischen, heißt: zu lügen.
Nachtrag: In den Kommentaren zu diesem Text versucht sich der Biokraftstoffverband an einer Erklärung des Wortes und der Zusammenhänge. Lesenswert!
Biodiesel – ebenfalls ein Kraftstoff ist allerdings sehr wohl biologischen Ursprungs, handelt es sich hierbei doch um Pflanzenöl. Ursprünglich mit Raps realisiert, heute immer mehr aus Soja. Letzteres führt dazu, dass regenwälder heute gerodet werden, um Sojabohnen anzubauen. Zum einen als Tierfutter zur Herstellung billigen Fleisches und zum zweiten zur Herstellung von Biodiesel.
Die Bilanz ist also auch hier negativ.
Naja, Bio-Lebensmittel sind auch nicht umweltfreundlich, in England ist es sogar verboten, damit zu werben, solange man das nicht nachweist. Nachweis blieb bisher aus.
Nachtrag: Seit 10 Jahren ist das Verbot, seitdem gab es schon viele Studien von Bio-Fans und -Skeptikern.
http://www.guardian.co.uk/media/2001/jul/23/advertising.shopping
@earl: Für die USA gilt ähnliches, dort ist wegen der “Truth in advertising”-Gesetze eine solche Behauptung oft auch nicht möglich.
Für einen kreativen Werbler ist das natürlich kein großes Hindernes. Gerade dafür ist Neusprech ja auch da.
Das sehen wir übrigens auch in Deutschland: Es gibt viele Dinge, die als “natürlich” angepriesen und grün angemalt werden, um ihnen einen Bio-Anstrich zu verpassen.
Sprit kannte ich ursprünglich als reinen Alkohol (Ethanol) zum Einlegen von Früchten. Ich kannte auch Spritessig. Das Mineralölige muß dann in den Achtzigern gekommen sein. – Aber ich bin auch schon ziemlich alt.
Tatsächlich gibt es für Biokraftstoffe kein “Biosiegel”. Es gibt aber eine Verordnung die vorschreibt, dass Biokraftstoffe (Biodiesel, Bioethanol, Pflanzenöl) mindestens 35 % weniger Treibhausgase emittieren dürfen als fossile Kraftstoffe. Gemessen wird der gesamte Produktionsweg – vom Ackerbau inklusive der Düngung, Ernte, Transport etc. bis zur Verbrennnung im Motor. Zudem ist es verboten, dass die Rohstoffe für Biokraftstoffe von Flächen stammen, die vorher Regenwaldflächen waren. Eine entsprechende Regelung gibt es für Lebensmittel oder Futtermittel nicht. Hierzu mehr unter dem Link
http://www.biokraftstoffverband.de/de/nachhaltigkeit.html
Was auch fehlt, was aber dringend erforderlich ist: gesetzliche Mindeststandards für die Produktion fossile Kraftstoffe. Siehe Nigerdelta, Teersande in Kanada, Ölbohrungen im Urwald in Equador etc.
Es gibt Otto- und Dieselkraftstoff, der Begriff “Kraftstoff” ist also ein Oberbegriff, kein Werbewort für Benzin.
Der Begriff “Biosprit” wird häufig etwas unscharf sowohl für Bioethanol als auch für Biodiesel verwendet. Meiner Ansicht nach kann er für Ethanol verwendet werden, schließlich handelt es sich hierbei um Alkohol, also um “Sprit”.
Zu den Rohstoffen:
BioDIESEL wird aus ölhaltigen Pflanzen wie Raps, Soja oder Palm hergestellt. Die Zusammensetzung richtet sich nach zwei Kriterien:
– es gibt Winterware, die besonders Kälteresistent ist; diese wird zu etwa 100% aus Raps produziert, während die Sommerware auch aus Soja und Palmöl hergestellt wird.
– je nach dem Preis des jeweiligen Rohstoffs wird mal der eine, mal der andere Rohstoff vermehrt eingesetzt. Grenze des jeweiligen Rohstoffeinsatzes sind dabei allerdings technische Parameter, denn der Biodiesel muss einer DIN-Norm entsprechen.
In den letzten Jahren pendelte der Einsatz von Raps für Biodiesel zwischen 75 und 85 %, Soja kam zu etwa 15 – 20 % zum Einsatz und Palmöl zu rund 5 % (über das gesamte Jahr gerechnet!)
BioETHANOL wird aus stärkehaltigen Pflanzen hergestellt, d.h. in Deutschland aus Getreide (zu 2/3, hierzu zählt auch Mais, der aber bisher in Deutschland keine große Rolle gespielt hat) und Zuckerrüben (ca. 1/3).
In diesem Jahr besteht die Besonderheit, dass Deutschland als eines der ersten Länder in der EU die oben angesprochene Nachhaltigkeitsregelung für Biokraftstoffe umgesetzt hat. Demnach müssen sich die Produktionsbetriebe (Bauern, Biokraftstoffhersteller) zertifizieren lassen. Da es in Übersee, d.h. in Indonesien, Brasilien, USA, bisher praktisch keine zertifizierten Unternehmen und Rohstoffproduzenten gibt, werden die Rohstoffe zu nahezu 100% aus Deutschland bzw. Europa kommen.
mehr zu Ethanol unter: (download)
http://www.biokraftstoffverband.de/downloads/1893/VDB_Facts_Bioethanol.pdf
Zur Diskussion “Tank oder Teller”:
http://www.biokraftstoffverband.de/de/umwelt.html
Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB)
Sehr geehrter Biokraftstoffverband,
herzlichen Dank für die Ausführungen. Woher aber bitte kommt das “Bio” im “Biokraftstoff”? Das vergaßen Sie irgendwie zu erwähnen.
Und finden Sie nicht auch – weil Sie sicher gleich antworten werden, es käme von den biologischen Grundstoffen, also Pflanzen -, dass es in diesem Zusammenhang von der Industrie gerne in Kauf genommen wird, dass “bio” in unserem Sprachgebrauch mit “gesund” und “nicht umweltschädlich” assoziiert ist?
Beste Grüße
Kai Biermann
Und hier noch ein Nachtrag zur CO2-Bilanz: “Wenn der gesamte Herstellungsprozess für Agrotreibstoffe in die CO2-Bilanzen einfließt und neben der Produktion (u.a. Landmaschineneinsatz, Kunstdüngeranwendung, Transporte) auch Effekte einbezogen werden, die dadurch entstehen, dass brachliegende Agrarflächen reaktiviert werden oder dass Verdrängungseffekte eintreten, die zur Nutzung neuer Flächen in Entwicklungsländern führen, wird die CO2-Bilanz negativ.” Quelle: BUND, auch im Text verlinkt:
http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/pdfs/verkehr/autoverkehr/20110224_verkehr_autoverkehr_kohlendioxid_hintergrund_e10.pdf
Man muss aber sagen, dass “Bio” eher bei den Nahrungsmitteln eine Falschbezeichnung ist als bei dem Sprit. Denn was bedeutet “biologisch”? Ist konventionelle Nahrung etwa kein gewachsenes Lebewesen gewesen?