Leistungsträger

Positiv soll es klingen, lobend und auf keinen Fall diskriminierend. Doch verbirgt sich hinter diesem einen Wort eine ganze Verleumdungskampagne. Denn wo es L. gibt, da müssen irgendwo auch nichts tuende Schmarotzer Minderleister sein. Ohne Licht kein Schatten, oder? Und genau darum geht es: der Begriff soll die Gesellschaft spalten, er soll hetzen gegen jene, die staatliche Leistungen Hilfe erhalten und den Sozialstaat, der einst als Errungenschaft bejubelt wurde, abschaffen helfen. Denn er stört manche Leute: Er kostet Geld und dieses Geld wurde den L. weggenommen, um es irgendwelchen Faulpelzen Transferbeziehern zu geben – finden zumindest die L. und die, die sie politisch gern repräsentieren würden. Oder, wie Holger Platta schrieb: “Wer weiß, was Begriffe ,leisten‘ können, weiß auch, was dieser Begriff ,Leistungsträger‘ leisten soll: ideologisierend und beschönigend und verfälschend das Bewusstsein der Öffentlichkeit manipulieren – im Interesse der Herrschenden.” Nur nebenbei: Wer den Sozialstaat abschaffen will, handelt verfassungsfeindlich. Heißt es in Artikel 20 und Artikel 28 des Grundgesetzes doch, die Bundesrepublik sei ein “sozialer Rechtsstaat”.

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25 Kommentare

  1. Ich finde es immer wieder erheiternd, dieses Klein-Klein des “Mittelschichtlers”, wenn es um die vermeintlichen Sozialschmarotzer geht, die “keinen Bock” haben auf Arbeit usw. Natürlich gibt es die. Aber schon rein rechnerisch bräuchte es zigtausend davon, um auch nur einen Ackermann aufzuwiegen. Denn solche wie letzterer sind es, die dem Staat wirklich auf der Tasche liegen. Lieber zahle ich als “Leistungsträger” lebenslang für ein BGE für jeden Menschen, damit er seine -würde bewahren kann, als auch nur einen Cent Steuern, die letztlich bei solchen zynischen und ignoranten Nieten in Nadelstreifen landen.

  2. So, wie ich ihn verstehe, heißt das, all jenen zu helfen, die Hilfe brauchen. Er soll, glaube ich, die Mechanismen des Kapitalismus dämpfen, ihn für alle menschlicher und erträglicher machen. Und das bedeutet auch, jene zu unterstützen, die nicht arbeiten können – im Zweifel ein Leben lang. Oder?

  3. Der Gedankenapparat wird noch viel größer, wenn man das Wort ‘Leistung’ in seiner Wortfamilie betrachtet: leisten, Leiste etc.
    Gerade das letzte Substantiv (sic) illustriert die Möchte-Bedeutung der kritisierten Wortkombination zu erhellender Klarheit:
    Der ‘Leistungsträger’ ist nämlich der, der dem Ganzen die Struktur zu geben vermag, wo sonst alles nur noch Gallerte sein würde, rückgratlos also.
    Das Volk ist Schwabbel, die Leistungsträger das tragende Gerippe.

    Nur: wer sind die Muskeln?

  4. @Irene: ich sehe bei Deinem Link aber keine so schöne dialektische Erklärung. Ich selbst habe festgestellt daß den allermeisten die Zusammenhänge gar nicht klar sind, man muss es daher gut erklären und nicht einfach sagen daß es ein schlimmes Wort ist. Auch sollte es darum gehen den Leuten Ihre leider in diesem Fall fehlgeleitete Naivität zu nehmen. Nicht jeder hat Orwells 1984 gelesen und begegnet selbst der Sprachregelung seiner Herrscher mit dem gebotenen Mistrauen.

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