In eigener Sache – neues Layout

In den vergangenen Jahren haben uns 1.283 Menschen via Flattr unterstützt! Das ist großartig, wir sind jedem Spender dafür von Herzen dankbar. Und natürlich haben wir das Geld nicht in eine → Steueroase geschafft. Wir haben es verwendet, um den Server zu bezahlen, vor allem aber, um das Blog schöner zu machen.

Hier ist nun endlich das Ergebnis. Das neue Layout hat sich Evelyn Schubert ausgedacht. Sie ist eine tolle und geduldige Grafikdesignerin. Letzteres war nicht unwichtig, denn wir wussten eigentlich nur, dass wir etwas wollen, was zu uns und dem Thema passt. Genauer hatten wir es leider nicht.

Evelyn hat diese doch eher vage Vorgabe hervorragend umgesetzt. Und sie hat es geschafft, dass wir neben den Texten nun auch unsere viel zu seltenen Podcasts vernünftig präsentieren können.

Die technische Frickelei hat Christian Heise übernommen. Bei dieser Gelegenheit endlich auch einmal einen großen Dank an ihn. Er unterstützt uns von Anfang an und ist auch zu absurden Uhrzeiten bereit, sich um kaputte Datenbanken und verschwundene RSS-Feeds zu kümmern. Ohne ihn gäbe es das Neusprechblog nicht.

Danke, Euch allen! Wir finden das Ergebnis toll . So, nun Ihr.

Anmerkung: Das (Responisve-)Template ist noch ein bisschen “Work in Progress” und ein paar Features fehlen auch noch – bei Anmerkungen, Fragen oder Feedback schreibt es bitte ins Pad oder eine Mail an admin (eeettt) neusprech.org.

Extremnutzer

Das aus dem Lateinischen entlehnte Adjektiv extrem bedeutet ‚äußerst‘ und ist ein Superlativ, also die höchste Steigerungsform. Die wird hier hyperbolisch, also übertreibend verwendet, denn gemeint ist lediglich eine Nutzung über das durchschnittliche Maß hinaus. Die so natürlich nicht mehr so übel klingt. Daher erinnert der Ausdruck sicher nicht ganz zufällig an ‚Extremismus‘. Hier soll vermittelt werden, dass sich jemand weit außerhalb des Üblichen bewegt, also etwas tut, was „man eigentlich nicht tut“. Wie falsch dieses sprachliche Bild ist, wird im Fall der Telekom, die den Ausdruck verwendet, schnell klar. Denn eigentlich sind E. solche, die das Angebot des Unternehmens genau so nutzen, wie es gedacht war – indem sie viel online sind und die eingeräumte Flatrate als solche begreifen. Nur die Telekom will das inzwischen nicht mehr. Sie möchte nun mehr Geld von diesen Nutzern kassieren, als ursprünglich verabredet war und verunglimpft sie daher als unbotmäßig: Profitextremierung somit.

Steueroase

Die S. ist als sprachliches Bild von vorne bis hinten Murks. Denn was sagt der Begriff? Eine Oase bietet dem darbenden Wanderer Labsal, sie spendet Schatten und Wasser in einer sonst lebensfeindlichen Umgebung. Doch die, die ihr Geld in S.n schaffen, sind nicht kurz davor, finanziell zu verdursten. Im Gegenteil, sie haben Geld im Überfluss, sie wollen es nur nicht teilen. Oder ist mit der S. eine Oase gemeint, in der sich die Steuern wohl fühlen und wachsen und gedeihen können? Sicher nicht. Irgendwie passt die Metapher also nicht. Das liegt daran, dass die S. einst als Traumbild erschaffen wurde, als Sehnsuchtsort, an dem der geplagte Bürger aller Steuern ledig ist und die Früchte seiner Arbeit allein genießen kann: ein Urlaubsort. Inzwischen aber hat sich die Haltung zur S. gewandelt. Sie gilt heute als etwas Verachtenswertes. Trotzdem wird das Wort noch immer verwendet, eben weil es so schön klingt. Das aber verharmlost den zugrunde liegenden Vorgang und macht aus Verbrechern Urlauber. Übrigens: Schon die Steuerhinterziehung ist ein beschönigender Begriff. Hinterziehen meint nichtentrichten, rechtlich also unterschlagen. So etwas wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. Wer sein Geld aber in eine S. schafft, der betrügt, da er vorgaukelt, gar kein Geld zu haben. Betrug jedoch wird mit bis fünf Jahren bestraft, in schweren Fällen auch mit bis zu zehn. Heute möchten Politiker die S. daher gern „trockenlegen“. Doch niemand würde eine Oase trocken legen – also den einzig fruchtbaren Ort ebenfalls in Wüste verwandeln wollen. Das unterstreicht nur noch, wie verquer diese Metapher ist.

Mehr zur Entwicklung des Begriffes hat der Autor hier bei ZEIT ONLINE geschrieben.

Amigo

Das spanische oder portugiesische Wort für ‚Freund‘. In der bayerischen Politik ein Synonym für Vetternwirtschaft oder Nepotimus (von lateinisch nepos, das sowohl ‚Neffe‘ als auch ‚Enkel‘ bezeichnet). Und genau hier liegt das Problem. Denn der A. ist in der derzeitigen Debatte ein Euphemismus: Es geht nicht um die Bevorzugung von Freunden oder von Verwandten zweiten bis vierten Grades, was moralisch anstößig ist, aber in vielen Fällen gar nicht verboten und für viele Politiker sowieso normal. Ja dieses Konzept ist im Begriff „Parteifreund“ geradezu institutionalisiert. Es geht im bayerischen Landtag derzeit vielmehr darum, dass Politiker durch die Beschäftigung von Verwandten ersten Grades (Ehepartnern, Kindern, Eltern) in die eigene Tasche wirtschaften. Denn in den bekannt gewordenen Fällen gehören die Begünstigten zur Zugewinngemeinschaft des Mandats- oder Amtsträgers. Somit handelt es sich nicht darum, einen anderen zu begünstigen und vielleicht einem Freund oder A. zu helfen. Sondern darum, sich noch ein weiteres Gehalt einzustecken.

Arbeitgeber

„Es konnte mir nicht in den Sinn kommen, in das ,Kapital’ den landläufigen Jargon einzuführen, in welchem deutsche Ökonomen sich auszudrücken pflegen, jenes Kauderwelsch, worin z.B. derjenige, der sich für bare Zahlung von andern ihre Arbeit geben läßt, der Arbeitgeber heißt, und Arbeitnehmer derjenige, dessen Arbeit ihm für Lohn abgenommen wird.“ Den Satz schrieb Friedrich Engels im Vorwort zur dritten Auflage von Karl Marx’ „Kapital“. Geholfen hat es nichts, das Kauderwelsch ist inzwischen gang und gäbe, überall ist vom A. die Rede. Der klingt, als würde er der Welt einen Gefallen tun, wenn er den Menschen mit all ihrer überschüssigen Arbeitskraft großzügig die Möglichkeit gibt, sich an Arbeitsplätzen abzuarbeiten. Folgerichtig heißt der, der sich dort abarbeiten darf, dann auch → Arbeitnehmer. Für Marx selbst war Arbeitskraft ganz nüchtern eine Ware, die von dem einen verkauft und von dem anderen gekauft wird. Die sich jedoch überhaupt nur auf dem Markt befindet, weil der Anbieter keine anderen Waren verkaufen kann – also gezwungen ist, seine Arbeitskraft gegen Geld zu tauschen. Irgendwie haben es deutsche Firmenchefs und Politiker geschafft, dieses Verhältnis sprachlich umzudrehen. Die, die hier ,nehmen‘, haben gar keine andere Wahl, als jeden Tag eben jenem Verkauf ihrer Kraft zuzustimmen. Und im Übrigen auch nur wenig Einfluss darauf, wie hoch der Preis dafür ist.

Dieser Text erschien zuerst in unserem Buch „Sprachlügen: Unworte und Neusprech von ,Atomruine‘ bis ,zeitnah.‘“