Entsorgungspark

Müll ist ein schmutziges Geschäft. Sprache auch. Wird mit ihr doch gern mal versucht, dreckige Dinge sauber aussehen zu lassen. Der E. kann dafür getrost als Beispiel dienen. Wer etwas entsorgt, der will sich einer Sorge entledigen. Somit ist der E. schon einmal das Versprechen, man könne dort eine Sorge loswerden. Streng genommen wird das Versprechen nicht gehalten, eine vollständige Entsorgung von Müll ist kaum möglich, irgendwas bleibt immer übrig, sei es im Meer schwimmendes Plastik oder in der Luft wabernder Rauch. Gleichzeitig suggeriert der Park eine friedvolle Landschaft, in der gefahrlos gewandelt werden kann – ein Sanssouci sozusagen, was auf französisch ‚ohne Sorge‘ bedeutet. Angesichts stinkender Container und lärmender Schrottpressen eine glatte Lüge. Vgl. auch Wertstoffhof. Das schöne alte Wort Müllkippe trifft es dann doch immer noch besser, auch wenn heutzutage nicht mehr viel irgendwohin gekippt wird. Merke: Wer eine Müllkippe E. nennt, dem sollte besser misstraut werden. Denn derjenige will offensichtlich nicht sagen, worum es geht, beziehungsweise was in seinem Lustgarten so alles verklappt wird.

Mit Dank an Mikosch H. für die Einsendung.

Rentengerechtigkeit

Wir wissen nicht genau, was R. ist. Aber offensichtlich handelt es sich um ein Schlagwort, das in vielen Situationen passt und das alle Parteien gern verwenden. Extension heißt so etwas in der Sprachwissenschaft. Wobei gilt, je größer sie ist, desto unbestimmter ist der Inhalt. Aber Gerechtigkeit klingt ja immer gut. Wir vermuten, dass R. nichts weiter bedeutet als „unsere Interessengruppe will mehr“. Warum? Nun, hier sind einige Beispiele, für wen Rentengerechtigkeit schon alles gefordert wurde:

Aufstocker

Mit A. werden Menschen bezeichnet, die so wenig verdienen, dass sie offiziell als arm gelten und zusätzlich zu ihrem Lohn Anspruch auf Geld vom Staat in Form des sogenannten Arbeitslosengeldes II haben. Es sind also Arbeitende, die Arbeitslosengeld bekommen. Und das meint beileibe nicht nur Teilzeitbeschäftigte. Mehrere hunderttausend Menschen, die eine volle Stelle haben, werden so schlecht dafür bezahlt, dass sie nicht einmal das sogenannte Existenzminimum erreichen – die Menge an Geld also, die sie vom Staat bekämen, wenn sie gar nichts täten. Politisch ist das eine Subventionierung von Hungerlöhnen, vor allem von sogenannter → Leiharbeit. Sprachlich ist dieser Irrwitz eine, sagen wir, Ungenauigkeit. Denn der A. klingt aktiv, so als würde derjenige selbst etwas ausbauen oder erhöhen. Tut er aber nicht. Er, beziehungsweise sein Einkommen, muss aufgestockt werden, um das Minimum dessen zu erreichen, was hierzulande als eines Menschen würdig gilt. Natürlich könnten Politiker auch die Unternehmen zwingen, menschenwürdige Löhne zu zahlen. Damit aber tun diese sich irgendwie schwer und denken sich lieber Begriffe wie A. und → Lohnuntergrenze aus, um dem Thema aus dem Weg zu gehen.

Lebensleistungsrente

Es gibt die Rente. Die bekommt irgendwann, wer sein Leben lang etwas geleistet und einen Teil seines Lohns in die staatliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Nun aber soll es auch noch eine L. geben. Eine Rente dafür, gelebt zu haben? Nein. Die L. ist ein hübscher Begriff, der einen traurigen Zustand verschleiert. Denn sie sollen nach dem Wunsch von Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen all jene erhalten, die vierzig Jahre lang gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt haben, die zusätzlich in eine private Rentenversicherung einzahlten – trotz allem aber so wenig Rente haben, dass sie unter dem sogenannten Existenzminimum liegen. Also offiziell arm sind. Die Tatsache an sich ist schon ein Skandal. Es gibt Menschen, die in einem der reichsten Länder der Erde mit ihrer Hände Arbeit so wenig Geld verdienen, dass sie im Alter zu verwahrlosen drohen. Man könnte das zum Anlass nehmen, einen Mindestlohn zu fordern, Verzeihung, eine → Lohnuntergrenze. Das will die Union aber nicht, das kommt bei den Unternehmen, die für ihren Wahlkampf spenden, nicht so gut an. Da schlägt sie lieber eine L. vor. Denn die soll mit Steuern bezahlt werden. Ein klassischer Trick, der schon bei den sogenannten → Aufstockern praktiziert wird. Die L. ist außerdem ein Beispiel für den Versuch, alten Kram mit einem neuen Wort zu verkaufen. Denn sie ist genau so hoch wie die sogenannte Zuschussrente, die Ursula von der Leyen zwei Monate zuvor vorgeschlagen hatte. Ein Vorschlag, für den sie keine Zustimmung im Parlament fand. Vor allem, weil das Ding den Betroffenen nichts bringt. Übrigens genau wie die L.

Mit Dank an Maik H.

Bildungssparen

Die Idee des B. verdanken wir der Union. Sie wünscht schon seit vielen Jahren, dass die Bürger Geld zurücklegen, um es irgendwann später für Bildung auszugeben. Sie sollen für ihre Bildung sparen. Das klingt erst einmal sinnvoll. Dabei ist es eine komplette Umkehrung der bisherigen Vorstellung von Bildung. Das Gemeingut Bildung, das hierzulande jeder nahezu kostenlos in Anspruch nehmen kann, soll privatisiert und der individuellen Vorsorge überantwortet werden. Daher wurde dieser Vorschlag auch schon mehrfach abgelehnt. Nun ist er wieder aufgetaucht, dank des politischen Kuhhandels zwischen CSU und FDP um das sogenannte → Betreuungsgeld – eine neue staatliche Leistung, an deren Sinn viele zu Recht zweifeln und dem die FDP nun unter der Voraussetzung zustimmen will, dass das Geld über den Umweg Eltern sogleich an die → Finanzindustrie weitergereicht wird. Denn das geschieht mit dem für die Bildung gesparten Geld. Banken und Versicherungen werden → Finanzprodukte erfinden, um für sich einen Teil der Kohle abzuzweigen. Von dem Rest können die Sparer sich dann die Bildung kaufen, die sie bislang kostenlos bekamen. Somit ist der seltsame Ausdruck B. dann doch recht treffend gewählt. Denn tatsächlich wird nicht für, sondern an Bildung gespart mit der Folge, dass es für Kinder aus armen Familien noch schwieriger wird als bisher, sich zu bilden. Denn wer nichts hat, kann auch nichts für noch schlechtere Zeiten zurücklegen.