Bologna-Prozess

Was hier so griffig klingt, ist sprachlich kompletter Murks. Richtig müsste das ganze Ding, das eine Absichtserklärung für bessere Hochschulen sein will, Bologneser Erklärung heißen. Denn erstens werden im Deutschen Städtenamen adjektiviert, wenn sie ein Substantiv qualifizieren. Niemand würde von einem Göttingen-Pamphlet oder einem Berlin-Manifest sprechen. Warum man das Adjektiv Bologneser vermeiden wollte, ist rätselhaft. Vielleicht klang es den Beteiligten zu kulinarisch, vielleicht nicht ernsthaft genug? Zweitens aber – und das sagt noch viel mehr über den Quark, der da in Bologna angerührt wurde – denkt man bei einem Prozess zunächst an eine Gerichtsverhandlung. In diesem Fall saß man dann wohl über die Stadt Bologna zu Gericht? Nein, das kann bestimmt nicht gemeint gewesen sein. Was dann? Das Wort zumindest geht auf das lateinische procedere‚ zurück, was ,fortschreiten, vorgehen‘ bedeutet. Neben Gerichtsverhandlungen, die eben auf immer gleiche Art vonstatten gehen, meint das Vorgänge, die – einmal angestoßen – von selbst ablaufen. Und offensichtlich hatten genau das die Bildungspolitiker im Sinn: Die anvisierte Reform als unausweichlichen, unumkehrbaren und geradezu natürlichen Prozess darzustellen. Was reichlich vermessen ist angesichts des Chaos, das sie in ihrer Planlosigkeit angerichtet haben. Dank des Etiketts B. aber wirkt es nun, als träfe niemanden die Schuld an dieser Bildungskatastrophe. Hübsch, oder?

Innere Sicherheit

Sicherheit klingt erst mal gut, vor allem wenn es um das Innere, also das uns nahe liegende geht. Das Wort hat also eine positive Konnotation. Dahinter steckt jedoch kein juristischer Begriff, auch wenn die häufige Verwendung durch Politik und Medien dies vermuten lässt. Es existieren daher auch keine Normen und Gesetze, die I. einschränken oder wenigstens begründen. I. ist völlig unscharf, grenzenlos, immer anwendbar und kann durch praktisch jeden bedroht werden, durch internationalen Terrorismus genauso wie durch Jugendkriminalität oder Chaoten. Ja, I. beginnt mit sozialer Sicherheit, also in der Familie. Das macht sie zur Allzweckwaffe der Politik. Sie soll nahe legen, dass es um den Schutz der Bürger vor Gefahren geht. Begründet aber werden damit am liebsten Schutzmaßnahmen des Staates vor dem Bürger. Funktioniert prima, denn wer Maßnahmen der I. widerspricht, muss entweder verrückt oder ein Gefährder sein – wahrscheinlich sogar beides.

Umweltprämie

Die U. war vor allem eines, der Beleg für die Macht der Sprache (und natürlich des Geldes). Für einen Rabatt von kaum mehr als elf Prozent waren nahezu zwei Millionen Deutsche bereit, ihr Auto zu verschrotten (daher umgangssprachlich auch Abwrackprämie) und sich ein neues zu kaufen – egal ob sie es brauchten oder es sich überhaupt leisten konnten. Man ließ sie in dem Glauben, der Umwelt etwas Gutes zu tun. Dabei aber taten sie nichts weiter, als die Taschen der Autoindustrie zu stopfen. Und warum? Weil unvorsichtige Fondsverwalter gierige Hasardeure das Wirtschaftssystem ausgeplündert hatten und armselige Politiker fürchteten, bei der kommenden Wahl ihr Amt zu verlieren. Also nahmen sie das von ihren Bürgern eingezahlte Steuergeld und schenkten es über einen kleinen Umweg der Industrie. Oder, wie Hans Magnus Enzensberger schreibt:

„Abwrackprämie, die; Belohnung für die Vernichtung von Gebrauchtgegenständen; ihr Besitzer empfängt die Prämie, die er als Steuerzahler entrichtet.“

Die Umwelt übrigens, die für die Benennung herhalten musste, hatte von allen wohl den geringsten Gewinn. Im Gegensatz zu den Fondsverwaltern. Die machten einfach weiter und werden inzwischen nicht nur mit fünf, sondern mit dutzenden Steuermilliarden unterstützt. Allerdings hat man bei dem Rettungsschirm den Geldgeschenken für die Banken irgendwie vergessen, den Bürgern wieder ihre elf Prozent abzugeben.

Raubkopie

Um im Wortsinn korrekt zu sein, müsste sich das Erstellen einer R. ungefähr so abspielen: „Ey, Alta, rück die CDs raus, die du dir da kopiert hast, aba zackich, sonst kriechste aufe Mütze!“ Denn merke, das Merkmal des Raubes ist die Gewalt gegen eine Person oder wenigstens doch die Androhung derselben. Daher entspricht die Beschlagnahme etwaig kopierter CDs durch Ordnungsorgane des Staates viel eher den Anforderungen des Raubes (wenn sie denn nicht gesetzlich legitimiert und damit rechtens wäre), als die Anfertigung solcher. Und da wir schon dabei sind, eine Kopie ist eine Kopie ist eine Kopie. Das gilt nicht einmal als Diebstahl. Sie gar eine R. zu nennen, ist ein Oxymoron (also ein Widerspruch in sich: kopieren passt nicht zu rauben) und somit bösartiger Quatsch. Wenn jene, die so gern vom rechtsfreien Raum Internet reden, rechtliche Begriffe so missbrauchen, müssen sie sich nicht wundern, wenn ihnen niemand mehr zuhört.

Steuerentlastung

Sie war eine Lüge, oder um es freundlicher zu formulieren, ein nicht einlösbares Versprechen. Nun gibt es sie nicht mehr, die Bundeskanzlerin hat sie beerdigt. Doch darum soll es gar nicht gehen. Denn die S. ist noch mehr. Sie ist a) Unsinn, denn nicht die Steuer wird von irgendetwas entlastet, sondern vorgeblich der Steuerzahler; es müsste also eigentlich Steuerzahlerentlastung heißen. Doch ist sie b) auch noch der Versuch, Wähler für dumm zu verkaufen. Steuern sind die Basis unseres Gemeinwesens, sie sind die von allen akzeptierte Übereinkunft, dass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten beiträgt (beisteuert), damit es allen besser geht. Steuer kommt vom althochdeutschen stiura und meint ‚Hilfe‘. Steigt sie, ist es eine Erhöhung, sinkt sie, eine Senkung. Aber eine Entlastung? Der Einzelne mag die Steuern als Last empfinden, kein Problem. Eine Regierung aber sollte sie nicht als solche definieren und in diesem Zusammenhang besser nicht von Abkassieren reden. Denn was sagt sie damit? Doch wohl, dass sie selbst nicht einsieht, wozu sie das ganze Geld noch braucht: Kommt, Ihr armen Beladenen, wir haben keine Ahnung, warum Euch all diese Steuern aufgebürdet wurden, war wahrscheinlich so eine Schnapsidee der SPD. Wir nehmen Sie Euch nun von den gebeugten Schultern. Freuet Euch und keine Sorge, wir kriegen das trotzdem hin. Äh, wir bräuchten dazu nur hier noch eine kleine Maut und da noch einen unbedeutenden kassenindividuellen Zusatzbeitrag und vielleicht dort noch ein paar Studiengebühren, dann wird das schon. Bei der bösen Wirtschaft nennt man so eine intransparente Umschichtung Gebührendschungel oder eine Sauerei und mahnt sie ab.