Anfangs hießen sie Gastarbeiter, dann wurden daraus Arbeitsemigranten, also Auswanderer, später kam ihnen die Arbeit abhanden und sie mutierten zu Migranten. Das soll “politisch korrekt”, also möglichst verschleiernd sein, ist aber nur entlarvend. Denn das lateinischee migrare bedeutet wandern, also das ständige Bewegen zu einem anderen Ort. So als gäbe es welche, die ziellos durch die Welt ziehen, weil sie nichts mit sich anzufangen wissen. Wörtlich also sind M. Menschen, die zufällig gerade mal hier sind, (hoffentlich) aber (bald) wieder gehen. Dabei kommen sie, um zu bleiben oder sind gar hier geboren. Wir wollen das nur noch immer nicht wahrhaben. Denn wir Deutschen mögen offensichtlich keine Anderen – egal, wie wir sie nennen. Siehe auch Integrationsverweigerer.
Gestaltungsspielraum
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat im Februar 2010 entschieden, dass die bisherigen Sätze des Sozialgesetzbuches II, vulgo Hartz IV, „nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfüllen“. Sie verstoßen nach Ansicht der Richter gegen den ersten und wichtigsten Paragrafen des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Allerdings haben die Richter auch entschieden, dass sie nicht dafür zuständig sind, festzulegen, wie viel nun jeder bekommen solle. Zitat: „Die Konkretisierung obliegt dem Gesetzgeber, dem hierbei ein Gestaltungsspielraum zukommt.“ Politik reklamiert für sich, gestalten zu wollen. Bei der Menschenwürde sieht sich die Bundesregierung aber außerstande, viel zu tun. Die Statistik sei Schuld, sagte Familienministerin Ursula von der Leyen, wesentlich mehr als fünf Euro im Monat seien nicht drin. CSU-Chef Horst Seehofer ist auch das noch zu viel, denn immerhin müsse “der Sozialstaat bezahlbar bleiben”. Klingt vernünftig, so als sei das ein alternativloses, sozial-ausgewogenes Sparpaket. Dafür kann man dann natürlich auch schon mal seinen Gestaltungsspielraum nutzen, um wenn schon nicht das Einkommen, dann doch wenigstens die Menschenwürde anzutasten.
depublizieren
Klingt, als würde etwas, das versehentlich veröffentlicht wurde, schnell wieder zurückgenommen, um den Fehler ungeschehen zu machen. Immerhin bedeutet die Wortschöpfung d. so viel wie ‚entöffentlichen‘, also der Öffentlichkeit wieder entziehen. Was eine Frechheit ist. Denn gebraucht wird dieses Wort, um verschämt zu umschreiben, dass öffentlich-rechtliche Sender dank des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages gezwungen sind, Texte und Videos, die sie für ziemlich viel Geld haben herstellen lassen, dauerhaft zu verstecken. Damit private Sender ihre möglicherweise sogar qualitativ schlechteren Texte und Filme besser verkaufen können. Nach dieser Lesart war die mit den Gebühren der Bürger finanzierte Erfüllung des Bildungsauftrages also ein vorübergehend geduldetes Übel. Man könnte es aber auch als Diebstahl an der Gesellschaft begreifen. Immerhin hat die Gesellschaft für die Inhalte bezahlt, ihr gehören sie.
Mit Dank an Ralf K.
Integrationsverweigerer
Qualitätsklassen
Eigentlich ein neutraler Begriff. Nur die Tatsache, dass er verwendet wird, um eine Verschlechterung zu verbergen und Kunden zu täuschen, qualifiziert die Q., gern auch Quality of Service genannt, als Neusprech. Es geht um Netzneutralität, darum also, dass bislang im Internet alle Inhalte gleich sind, keiner darf schneller (oder langsamer) befördert werden. Firmen wie die Telekom, denen die Leitungen gehören, finden das doof, könnten sie doch mit Wegelagerei Zollschranken noch viel mehr Geld verdienen. Daher wollen sie bestimmte Inhalte schneller befördern als andere – gegen Geld, versteht sich. Als plakatives Beispiel werden dann gern Daten aus einem Operationssaal genannt. Doch so funktioniert das Netz nicht. Kunden, die sich eine DSL-6000-Leitung mieten, erhalten (wenn sie Glück haben), alle Daten mit einer Rate von sechs Megabit pro Sekunde. Schneller geht es nicht, langsamer schon. Q. also meint, dass einige Inhalte, für die Anbieter viel Geld bezahlt haben, weiter mit der bislang für alle verfügbaren Geschwindigkeit zum Kunden gelangen. Der Rest wird gebremst und so langsamer. Qualität im klassischen Verständnis von Güte sieht anders aus.