Ach wär’ das schön, nicht wahr? Verzeihen Sie den Sarkasmus, aber ein E. ist ein ähnlich verheißungsvolles (und unerfüllbares) Versprechen, wie jenes, das die Bibel mit dem Himmelreich macht: ein Ort, an dem man aller Probleme ledig sei. Endgültig steckt darin und Ende. Hier wird Hoffnung verkauft, hier werden Lösungen vorgegaukelt und das nicht zu knapp. Dabei geht es um eine atomare Müllkippe. Die nicht einmal endgültig sein soll. Denn das strahlende Zeug – soweit ist die Einsicht bereits –, lässt sich nirgends so verklappen, dass es tatsächlich auf ewig 300 Jahre 40 Jahre keinen Schaden anrichtet. Also will man es auch wieder ausbuddeln können, vorsichtshalber. (Und in der berechtigten Annahme, dass der Kram irgendwann knapp und damit teuer wird, und man ihn ja auch in eine Wiederaufbereitungsanlage schaffen könnte). Insofern ist das E. nicht nur ein Heilsversprechen, also eine Zwecklüge, sondern auch eine contradictio in adiecto, beziehungsweise ein Oxymoron.
Lohnzurückhaltung
Zurückhaltung ist etwas Vornehmes, etwas, dass man freiwillig übt, um sich und anderen das Leben angenehmer zu machen. Die L. jedoch ist nur der verbrämte Befehl an all jene, die ihre Arbeitskraft für einen Lohn verkaufen müssen, dies doch gefälligst billiger zu tun. Man könnte es auch Erpressung nennen. Zu allem Überfluss steckt darin der Vorwurf, selbst Schuld zu sein, wenn man für diese Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt nichts mehr bekommt, sozusagen freigestellt wird, schließlich war man offensichtlich zu teuer. Welche Chuzpe sich in dieser Form der Ausbeutung verbirgt, sieht man jetzt, wo die Wirtschaft wieder wächst: Da sagt der Wirtschaftsminister, dass vom Aufschwung auch die Arbeitnehmer profitieren müssten, immerhin hätten sie ihn durch ihre L. mit erarbeitet. Ein paar Krümel als Dank. In den achtziger Jahren gab es diese zynische Kampagne schon einmal, damals hieß sie Lohnvernunft und wurde selbstverständlich von denen erwartet, die Lohn erhalten, nicht etwa von denen, die ihn zahlen. Seltsamerweise hat noch niemand eine Gewinnzurückhaltung oder Überschussvernunft angemahnt, wahrscheinlich weil die Suche nach solch noblen Eigenschaften bei Konzernlenkern vergeblich wäre. Wie sonst ist es erklärbar, dass Chefs großer amerikanischer Firmen inzwischen an einem Tag mehr verdienen, als der durchschnittliche Arbeiter in einem Jahr? Tendenz steigend.
Migranten
Anfangs hießen sie Gastarbeiter, dann wurden daraus Arbeitsemigranten, also Auswanderer, später kam ihnen die Arbeit abhanden und sie mutierten zu Migranten. Das soll “politisch korrekt”, also möglichst verschleiernd sein, ist aber nur entlarvend. Denn das lateinischee migrare bedeutet wandern, also das ständige Bewegen zu einem anderen Ort. So als gäbe es welche, die ziellos durch die Welt ziehen, weil sie nichts mit sich anzufangen wissen. Wörtlich also sind M. Menschen, die zufällig gerade mal hier sind, (hoffentlich) aber (bald) wieder gehen. Dabei kommen sie, um zu bleiben oder sind gar hier geboren. Wir wollen das nur noch immer nicht wahrhaben. Denn wir Deutschen mögen offensichtlich keine Anderen – egal, wie wir sie nennen. Siehe auch Integrationsverweigerer.
Gestaltungsspielraum
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat im Februar 2010 entschieden, dass die bisherigen Sätze des Sozialgesetzbuches II, vulgo Hartz IV, „nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfüllen“. Sie verstoßen nach Ansicht der Richter gegen den ersten und wichtigsten Paragrafen des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Allerdings haben die Richter auch entschieden, dass sie nicht dafür zuständig sind, festzulegen, wie viel nun jeder bekommen solle. Zitat: „Die Konkretisierung obliegt dem Gesetzgeber, dem hierbei ein Gestaltungsspielraum zukommt.“ Politik reklamiert für sich, gestalten zu wollen. Bei der Menschenwürde sieht sich die Bundesregierung aber außerstande, viel zu tun. Die Statistik sei Schuld, sagte Familienministerin Ursula von der Leyen, wesentlich mehr als fünf Euro im Monat seien nicht drin. CSU-Chef Horst Seehofer ist auch das noch zu viel, denn immerhin müsse “der Sozialstaat bezahlbar bleiben”. Klingt vernünftig, so als sei das ein alternativloses, sozial-ausgewogenes Sparpaket. Dafür kann man dann natürlich auch schon mal seinen Gestaltungsspielraum nutzen, um wenn schon nicht das Einkommen, dann doch wenigstens die Menschenwürde anzutasten.
depublizieren
Klingt, als würde etwas, das versehentlich veröffentlicht wurde, schnell wieder zurückgenommen, um den Fehler ungeschehen zu machen. Immerhin bedeutet die Wortschöpfung d. so viel wie ‚entöffentlichen‘, also der Öffentlichkeit wieder entziehen. Was eine Frechheit ist. Denn gebraucht wird dieses Wort, um verschämt zu umschreiben, dass öffentlich-rechtliche Sender dank des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages gezwungen sind, Texte und Videos, die sie für ziemlich viel Geld haben herstellen lassen, dauerhaft zu verstecken. Damit private Sender ihre möglicherweise sogar qualitativ schlechteren Texte und Filme besser verkaufen können. Nach dieser Lesart war die mit den Gebühren der Bürger finanzierte Erfüllung des Bildungsauftrages also ein vorübergehend geduldetes Übel. Man könnte es aber auch als Diebstahl an der Gesellschaft begreifen. Immerhin hat die Gesellschaft für die Inhalte bezahlt, ihr gehören sie.
Mit Dank an Ralf K.