Pfefferspray

Eine mindestens irreführende Bezeichnung. Angesichts der Konzentration, in der die Polizei diesen Stoff einsetzt und der daraus resultierenden brutalen Wirkung, darf die Verwendung des Begriffes jedoch als grob fahrlässig gelten. Bei dem mit P. bezeichneten Agens handelt es sich um das Alkaloid Capsaicin, den Wirkstoff der Paprika- oder Chilipflanze. Die Benennung Pfeffer kommt wohl vom englischen Chilipepper, was Chilischote heißt. Eine miese Übersetzung also. Doch das macht es nicht besser. Die schärfsten als Gewürz eingesetzten Chilipflanzen des Typs Habanero haben beispielsweise einen Wert von maximal 580.000 Einheiten auf der sogenannten Scoville-Skala. Das von der Polizei verwendete P. hingegen erreicht auf dieser bis zu zwei Millionen Einheiten. Die Scoville-Skala ist subjektiv und gilt als ungenau und veraltet. Trotzdem dürfte deutlich werden, dass P. mit friedlichen Gewürzen, so scharf sie sein mögen, nicht das Geringste zu tun hat. Menschen können sterben, wenn sie mit dem Zeug in Kontakt kommen – einige Studien beobachteten, dass es bei einem von 600 Einsätzen einen Toten gibt. Mehr dazu findet sich auch hier. Die Umschreibung als P., die an gutes Essen und heimelige Küchen erinnert, lässt hingegen vergessen, dass es sich um eine lebensgefährliche Substanz handelt, die Polizisten als Waffe dient.

Eine Waffe übrigens, deren Wirkung die Betroffenen spüren sollen: Wer versucht, sich bei öffentlichen Auftritten gegen dieses Teufelszeug zu schützen, kriegt Ärger. Kann doch eine Schutzbrille schnell eine Schutzwaffe werden.

Mit herzlichem Dank an Markus H. für das Wortgeschenk.

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29 Kommentare

  1. Ich begrüße ja den Ansatz dieses Blogs, Herrschaftssprache auch als solche zu enttarnen aber hier geht die Kritik übers Ziel hinaus.

    Genauso wie die Begriffe “Senfgas” oder “Salzsäure” sagt der Begriff “Pfefferspray” eben Nix über die Gefährlichkeit der Substanz aus, sondern über Grundstoffe/Sytheseprozesse/etc.
    Man könnte das Zeug natürlich korrekt übersetzt “Chilispray” nennen aber das wäre bzgl. der Gefahr genauso wenig aussagekräftig. Und im Gegensatz zu Begriffen wie “alternativlos” etc. wird hier m.E. auch nicht versucht, durch die Bezeichnung “Pfefferspray” einen Kunstbegriff zu etablieren um Harmlosigkeit zu suggerieren. Sonst würde diese Substanz sicherlich nicht auch unter diesem Namen kommerziell vermarktet, denn bei Werbung für Selbstverteidingungswaffen geht es ja nicht darum den Eindruck einer harmlosen Substanz zu erwecken, sondern im Gegenteil. Trotzdem heißt das Zeug auch im Handel seit Jahrzehnten Pfefferspray.

  2. @bundlefly: das meine ich auch. Als wichtige Analyse im Text fehlt aus meiner Sicht, wo denn der Begriff herkommt, wer ihn also erschaffen hat. Wenn man dabei herausfindet, dass z.B. die Polizei anfing, diesen zu verwenden, dann hätte man damals von Neusprech sprechen können.
    Heute ist dies ein fester Begriff und somit aus meiner Sicht kein Neusprech.
    Des Weiteren kann ich für mich sagen, dass ich beim Wort Pfefferspray nicht an “gutes Essen und heimelige Küchen” denke. Nach meinem Empfinden ist das Wort Pfeffer in der deutschen Sprache tendenziell eher negativ besetzt. So wünscht mein einen Pfeffersack, der gepfefferte Preise für seine Waren nimmt, gern dorthin, wo der Pfeffer wächst oder man möchte ihm einfach ordentlich Pfeffer geben.

    Mir scheint der Artikel eher eine durch aktuelle Einsätze motivierte (und auch berechtigte) Meinungsäußerung gegen die Nutzung von Pfefferspray als eine “Neusprech-Analyse” zu sein.

  3. Pingback: Anonymous

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