Verwahrung

Eine der schlimmsten Strafen, die Menschen kennen, ist der Verlust der Freiheit. Jene, die es betrifft, finden daher durchaus drastische Worte dafür und nennen das Phänomen Knast, Bunker, Karzer, Kerker. Jene, die die Strafen verhängen, sind dagegen eher interessiert, das Ganze für den Rest der Welt ein wenig zu beschönigen. Wodurch sie aber – wie so oft – der Wahrheit näher kommen, als ihnen lieb sein kann. So auch mit der V. Das Wort kommt harmlos daher, beschreibt es doch vor allem das „Sichern von Dingen“, die man nicht verlieren will. Was ja nicht schlecht ist. Menschen jedoch werden damit verdinglicht (das Gegenteil von Personifizierung). Vor allem aber wird verschleiert, dass die Verurteilung zum Freiheitsentzug sich ins Endlose dehnt, tritt sie doch erst nach Ablauf der eigentlichen Strafe ein.

Besonders perfide ist die Sicherungs-V., denn bei ihr wird gesichert und verwahrt, was gleich zwei Mal eine solche Verdinglichung darstellt, denn nur Gegenstände können gesichert werden. Darüberhinaus ist der Begriff ein Pleonasmus, weil V. schon eine Sicherung ist.

Nicht, dass wir eine bessere Idee hätten, wie mit Straftätern umzugehen wäre, die nicht anders können oder wollen. Aber wenn auch der Staat das schon nicht weiß, dann sollte er nicht noch versuchen, das Problem mit beruhigenden Begriffen zu verkaufen.

Übrigens, aber das nur nebenbei, wurde die V. einst tatsächlich mit Bezug auf Personen verwendet. Dann aber hatte sie die Bedeutung ‚(ver-) pflegen‘ oder ‚für etwas sorgen‘ und meinte nicht ‚auf unbestimmte Zeit wegsperren‘.

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17 Kommentare

  1. Wo ich herstamme werden auch kleine Kinder “verwahrt”, zum Beispiel von der Oma oder dem Babysitter. Gemeint ist, dass sie gehütet werden, es also zu ihrem Schutze dient. (Scherzhaft bis abfällig werden Kindergärten und -tagesstätten seit einiger Zeit auch “Kinderverwahranstalten” genannt.)

  2. Es gibt durchaus auch die Möglichkeit Menschen zu sichern ohne sie zu verdinglichen. Ich selber kenne es vom Bergsteigen (Personensicherung ist wenn jemand gerettet wird. Es bezeichnet primär eine Eigenschaft von Seilen nämlich ob sie geeignet sind einen Menschen zu tragen) (Eine schnelle Suche bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Suche/Personensicherung zeigt mir das es noch mehr gebiete gibt in denen Personen gesichert werden.
    Ein Euphemismus ist es trotzdem.

    Vielen Dank für den schönen Beitrag.

  3. Ist eine Verdinglichung auch eine Versachlichung? Nur um mal den Bezug zum verhergehenden Lexikoneintrag herzustellen. :-)

  4. Besonders wirkungsvoll sind Begriffe, die ihren “semantischen Klang” und mögliche Assoziationen so weit wie möglich den Empfängern überlassen. Offen bleibt nämlich, was oder wer bei der V. eigentlich gesichert werden soll. Menschen, die sich vor ehemaligen Straftätern fürchten, fühlen sich dann gleich sicherer. Denen, die noch an einem Rechtsstaat interessiert sind, wird dagegen suggeriert, dass es sich bei der über das gerichtlich beschlossene Strafmaß hinaus andauernden Inhaftierung um eine maßvolle, verantwortungsbewusste Aktion handelt, die den gefangenen gegen Straffälligkeit verwahrt und ihn damit gleichzeitig schützt. Solche Begriffe halten sich recht lange, da sie von Befürwortern und Gegnern zunächst gleichermaßen akzeptiert werden.

  5. @peda

    Ich klettere selbst, insofern bin ich mir ziemlich sicher, dass Menschen dabei “sich” sichern, was ein Unterschied ist, finde ich. Und verwahrt wird beim klettern auch niemand :)

    Lg
    K

  6. Bin selber kein Kletterer, insofern will ich dir da nicht wiedersprechen^^

    Was ist mit der Mutter, die dem Kind einen Sicherheitsgurt anlegt. Wird so nicht das Kind gesichert? Oder würde man eher von schützen in diesem Fall sprechen? Der Duden listet als Bedeutung von sichern unter anderem “sicher machen, vor einer Gefahr schützen”, könnte sich das nicht auch auf Menschen beziehen?

  7. Ich kann an der Bezeichnung “Verwahrung” nichts euphemistisches finden. Einerseits wird verwahren durchaus auch im Sinne von wegschliessen, wegsperren verwendet (z.B. bei Dingen, die man im Tresor verwahrt). Insofern wird die Bedeutung der “Endlosigkeit” der Verwahrung IMO eher betont als verschleiert.
    Andererseits ist die Konnotation einer “Verdinglichung “von Personen sicher nichts positives und wirkt auf mich daher auch nicht euphemisierend.

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