Aufnahmezentrum

Genauer „(Grenznahe) Aufnahme-Einrichtungen für Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit“, auch „spezialisierte Erstaufnahmeeinrichtung“ oder „spezielle Ankunftszentren“. Sinnverdrehende Wortschöpfungen der bayerischen Regierung, eigentlich Abschiebelager, die in Ingolstadt und Bamberg geplant sind. Das Ziel der Lager ist nicht die Aufnahme der Flüchtlinge. Die vor allem aus Balkanländern stammenden Menschen sollen dort nur für kurze Zeit gesammelt werden, um sie anschließend umso schneller und effizienter in ihre Herkunftsländer abschieben zu können. Kritiker werfen der Landesregierung vor, berechtigte Asylgründe zu ignorieren und potenzielle Opfer von Verfolgung als Schmarotzer zu diskreditieren. Immerhin bekämen viele Asylsuchende aus dem Kosovo, aus Serbien oder Bosnien in anderen europäischen Ländern durchaus Schutz und würden als Verfolgte anerkannt. Wohl auch deshalb wird das Vorgehen von der bayerischen Regierung sprachlich umgedeutet und so beschönigt. Verwandte Begriffe: → Asylmissbrauch.

Finanzmittel

Pinke, Kohle, Kies – für Geld gibt es viele Ausdrücke. Manche sollen schiere Menge betonen, andere den Aspekt des Handelns, wie eben Pinke, das vielleicht vom polnischen pęk ‚(Geld-) Bündel‘ kommt oder auch, wie die Verdoppelung Pinke-Pinke nahelegt, ein Wort ist, das den Klang fallender Münzen nachahmt. Es gibt aber auch Umschreibungen, die nicht so ausdrucksstark sind, sondern die vom eigentlichen Sinn ablenken. Wie die F. Sie sind abstrakt, nicht beschreibend. Abstraktionen können einen Zusammenhang erklären, aber sie führen dabei immer weg vom Gegenstand. Dass es um Geld geht, tritt hier in den Hintergrund und soll es wohl auch. Denn Geld klingt, als müssten viele Steuerzahler für die schöne Idee bezahlen, die ein Politiker sich gerade ausgedacht hat. Um wie viel schöner kommen da die F. daher. Beim Krieg vor allem wird gelogen? Nein, auch beim Geld. Außerdem sind die F. ein Pleonasmus, eine sinnlose Verdoppelung. Finanzen meint bereits Geldgeschäfte, es bräuchte die Mittel nicht. Ursprünglich waren Finanzen eine Umschreibung für die Einnahmen und Ausgaben des Staates. Das Wort ist jedoch längst so beliebt, dass es inzwischen überall auftaucht. Da sprechen Hasardeure von Finanzprodukten, um den Eindruck zu vermitteln, dass finanzielle Rohstoffe irgendwie veredelt werden, ja es gibt gar eine ganze → Finanzindustrie, was besser und abgehobener klingt als Geldverleiher. Diese Überhöhungen zeigen, was die F. sind: Blasensprech, Wichtigtuerei.

besorgt

Das Wort Sorge ist verwandt mit dem Englischen sorrow und bedeutete wohl ursprünglich so etwas wie Trauer. Von daher hat es sich, möglicherweise beeinflusst durch sein lateinisches Pendant cura, zu der Bedeutung des Sich-Kümmerns weiterentwickelt, was ja auch von Kummer kommt. Die Ableitung b. (‚mit Sorge versehen‘) hat daher eine durchaus positive Bedeutung. Wer b. ist, macht sich Gedanken und will möglicherweise sogar etwas zum Positiven verändern. Jedoch wird b. leider auch in einem ganz anderen Kontext verwendet: als Euphemismus für fremdenfeindlich, rassistisch oder schwulenfeindlich: b.-e Bürger protestieren gegen Flüchtlinge, b.-e Anwohner gegen Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Nähe, wobei nicht sicher ist, ob alle „Anwohner“ wirklich dort wohnen, wo sie protestieren. Worum sie sich eigentlich sorgen, bleibt ebenso unklar. Um das Schicksal der Flüchtlinge jedenfalls nicht. B.-e Eltern protestieren gegen das Thema Homosexualität im Unterricht, wobei auch hier nicht sicher ist, ob alle Protestierenden schulpflichtige Kinder haben und welche Sorgen sie sich da im Einzelnen machen. Hier soll verschleiert werden, dass es sich um schwulenfeindliche Proteste handelt. Wer b. in diesen Zusammenhängen verwendet, will hässliche Vorurteile rechtfertigen, ja sie zu etwas Positivem umdeuten. Was hoffentlich nicht gelingt. Ein Zeichen dafür ist, dass b. durch die häufige Verwendung in solchen Kontexten eine negative Konnotation bekommt: Wer b. ist, wirkt nun auf jeden Fall unsympathisch.

Schöngeredet (2)

Ein paar Links der vergangenen Tage:

„Hilfsprogramm“ für Griechenland? Möglicherweise hilft das Geld kurzfristig, eigentlich ist es aber ein Kredit. Der kostet. Die „Hilfe“ ist also eher ein Danaergeschenk. Wie ein mit Blei beschwerter Rettungsring.

„Rekapitalisierung“? Aus der gleichen Rede von Wolfgang Schäuble wie das obige Gruselwort. Die R. hatten wir schonmal. Auch sie ist nur eine Umschreibung für noch mehr Schulden.

„Rettungsmilliarden“? Hier wird nicht milliardenfach gerettet. Hier wird wieder nur ein Kredit schöngeredet – und der Text zeigt deutlich, was die griechische Regierung damit macht: ältere Kredite bezahlen. Das rettet sie nicht, das verlängert nur das Leiden.

„Sofortzahlung“? Geld, ganz schnell? Nein, ein Kredit, der erst nach langen Verhandlungen gezahlt wurde. Und der einem Land gewährt wird, das längst „überschuldet“ ist, also bereits so viele Schulden hat, dass es sie nicht mehr zurückzahlen kann.

Worte, klare

Politische Phrase, die eingesetzt wird, um eine andere Phrase zu verstärken. Wenn jemand ankündigt, dass nun klare W. folgen, kann davon ausgegangen werden, dass das Folgende nichtssagend ist. Würde das Gesagte eine starke oder auch nur eine eindeutige Aussage enthalten, wäre die Betonung, dass diese Äußerung klar sei, überflüssig. Daher sind die klaren W. vor allem ein Beweis für die inhaltliche Leere politischer Sprache. Vgl. auch die Forderung, jemand solle Farbe bekennen. Wären der- oder diejenige eindeutig einer Farbe zuzuordnen, müssten sie sich nicht zu irgendetwas bekennen. Unzweideutige Aussagen führen dazu, dass jedem Zuhörer nur die Wahl bleibt, ihnen zuzustimmen oder sie abzulehnen. Das will Politik vermeiden, denn es droht die Gefahr, damit bei irgendjemandem anzuecken. So aber könnte sich die Zahl derjenigen verringern, die einen wählen. Der Versuch, möglichst vielen zu gefallen, ohne irgendwen zu verärgern, führt zu absurden Foskeln wie den klaren W-n. Siehe auch: Eckpunkte