Frage: Was ist eine F.? Wenn Sie denken, es sei die Chance, früher als mit den derzeit gesetzlich geregelten 67 Jahren in Rente zu gehen, liegen Sie leider falsch. Und genau das ist bereits das erste Problem mit dieser Wortneuschöpfung der CDU. Sie führt in die Irre. Denn in ihrem Wahlprogramm bezeichnet die Union mit der F. eine Art staatlich unterstütztes Aktiensparbuch. Das soll nach dem Plan der Union für jeden Menschen hierzulande angelegt werden, der das sechste Lebensjahr erreicht hat. Bis zum 18. Lebensjahr soll der Staat zehn Euro pro Monat in diesen Aktiensparplan einzahlen, danach sollen die so Beschenkten das selbst übernehmen so gut sie es eben können. Insgesamt sind es also 1.440 Euro, die der Staat jedem Kind künftig schenken soll (zwölf Jahre mal 120 Euro). Sehen wir mal kurz von dem eher geringen finanziellen Anreiz ab, der hier gesetzt wird. Immerhin ist es ja ein Anreiz. Aber wofür? „Junge Menschen sollen möglichst früh selbst kapitalgedeckt vorsorgen“, heißt es laut Medienberichten in dem Wahlprogramm von CDU und CSU. Kapitalgedeckt? Auch das ist wieder so ein hinterhältiges Schleierwort. Es bedeutet: Jeder mit seinem eigenen Kapital, also jeder für sich. Die bisherige Rentenversicherung ist ein sogenanntes Generationenmodell, alle Jungen zahlen für alle Alten. Das wird teurer, da es mehr Alte und weniger Junge gibt. Union und FDP wollen es abschaffen und durch das Prinzip „jeder sorgt für sich allein“ ersetzen. Das bisherige Modell ist aber auch ein Sozialmodell, Starke werden stärker belastet, Schwache unterstützt. Das würde damit ebenfalls abgeschafft. Arme können viel weniger für sich vorsorgen als Reiche, die Rente würde also noch ungerechter, als sie es längst ist. Gleichzeitig würden junge Menschen in den nicht ganz risikolosen Aktienmarkt gedrängt. Ob ihr früher Start in diesem noch etwas bringt, wenn sie selbst alt sind? Das kann heute niemand wissen und schon gar nicht garantieren – was ein weiteres Problem der F. ist. Die bisherige Rente garantiert der Staat. Die F. ist eine Aktienrente und damit eine Wette, die furchtbar schief gehen kann. Denen, die sich das ausgedacht haben, kann es egal sein, sie sind dann längst in ihrer von den Jungen finanzierten Rente.
Wassercent
Der Freistaat Bayern ist knapp bei Kasse – vor allem wegen der→Schuldenbremse, der sich die bayerische Regierungskoalition aber mit Haut und Haaren verschrieben hat. Steuern zu erhöhen, ist unpopulär und könnte Stimmen kosten. Also führt man eine Abgabe ein, die zumindest vom Wort her unauffällig klein wirkt, den W. Wer Grundwasser nutzt, soll dafür künftig zehn Cent pro Kubikmeter zahlen. In anderen Bundesländern gibt es das längst, in Bayern wäre es neu. Und es klingt ja wirklich nach einer verschwindend geringen Summe. Trotz der Bezeichnung werden bei jedem Verbraucher am Ende des Jahres jedoch ein paar Euro zusammenkommen und damit Hunderte oder gar Tausende Cent. Doch der W. soll ja ein Steuerinstrument zu Gunsten der Umwelt sein. Wäre er auch, gäbe es nicht Ausnahmen für Großabnehmer, die dürfen weiter große Mengen Wasser umsonst pumpen. Das nennt sich Wirtschaftspolitik. Der Umweltschutz ist da schnell im Weg. Kein Wunder, dass diese Abgabe unpopulär ist. Da kommt ein verharmlosender Begriff gerade recht. Hauptsache, es fließt Geld in die klammen Kassen. Man rechnet mit 60 bis 80 Millionen Euro an Mehreinnahmen jährlich. Was so ein paar Cent (oder besser Euro) doch ausmachen!
Danke an Stefan P. für den Vorschlag!
Pakt
Während der Zeit des Kalten Kriegs war die Welt noch einfach: Die Guten schlossen einen Vertrag oder traten einem Bündnis bei (Warschauer Vertrag, Nordatlantik-Bündnis), die Bösen gingen einen P. ein (Warschauer P., Nordatlantik-P.) – mitunter gar einen P. mit dem Teufel. Doch die Zeiten haben sich geändert und damit auch das Verständnis des Begriffes: Vielleicht wegen der Assoziation mit dem Teufel (wahlweise auch mit Putin oder Kim Jong-un) klingt P. heute irgendwie stärker und interessanter als „Vertrag“. Offensichtlich wird das Wort P. heute dank seiner Expressivität vorgezogen. Und so gibt es plötzlich auch ganz langweilig klingende Pakte, wie den für Forschung und Innovation oder den Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern. Und es werden immer mehr: So wurden gleich zwei Digitalpakte geschlossen, ein Pakt gegen Lebensmittelverschwendung, ein sogenannter Deutschlandpakt … wenn es so weitergeht, wird es nicht lange dauern, und auch dieser einst so teuflische Begriff wird so abgschliffen sein, dass er durch einen neuen ersetzt werden wird.
Manchmal soll es jedoch nicht so expressiv sein, zum Beispiel bei der →Cyber-Außenpolitik oder beim BSI: Da wird ein Vertrag dann gern mal zum Memorandum of Agreement oder zum Memorandum of Understanding herabgestuft. Die dem zugrunde liegende Vereinbarung soll offensichtloich harmloser daherkommen als ein Vertrag. Ronald Pofalla gefiel dieser Begriff so sehr, dass er ihn zur Deutschen Bahn mitnahm.
Klima-Chaoten
Auch Blockade-Chaoten. Abwertende Bezeichnung, die vor allem Boulevardmedien und konservative Parteien nutzen, um Menschen zu diskreditieren, die ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit ausüben, um auf das gefährliche Versagen von Politik und Wirtschaft angesichts des menschengemachten → Klimawandels hinzuweisen. Als K. werden all jene beschimpft, die sich beispielsweise auf Straßen und Autobahnen festkleben, um so den Verkehr aufzuhalten, weil sie damit gegen eine fehlgeleitete Verkehrs- und Klimapolitik der Bundesregierung demonstrieren wollen. Der Ausdruck Chaoten als Schimpfname für Protestierende ist in den siebziger Jahren entstanden. Damals nutzten ihn konservative Politiker und Politikerinnen für linksradikale Protestgruppen, die ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen versuchten. Offenbar wollen jene, die nun von K. reden, eine Analogie zu eben solchen gewaltbereiten Protesten herstellen und damit Aktionen von Gruppen wie der Letzten Generation untergraben. Sitzblockaden, bei denen sich die Teilnehmenden irgendwo befestigen und damit ein einfaches Wegtragen verhindern, gelten rechtlich als Nötigung. Das Bundesverfassungsgericht sieht zwar eine Form von Gewalt darin, die Weiterfahrt von Autos durch eine solche Blockade zu verhindern. Gewalttätig sind die Protestierenden jedoch nicht, im Gegenteil. Gruppen wie die Letzte Generation üben ganz bewusst keine Gewalt aus, weil sie ihren Protest nicht dadurch delegitimieren wollen. Der Ausdruck K. versucht, das zu unterlaufen und die Delegitimierung durch sprachliche Mittel herbeizuführen. Er rückt die Demonstrierenden bewusst in die Nähe des Extremismus, um ihnen das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit aberkennen zu können.
Ampel-Aus
Nette Alliteration, leider aber irreführend. Denn es klingt, als sei hier eine Ampel ganz von allein ausgegangen. Ist sie aber nicht. Es gibt vielmehr klare Verantwortliche. Allen voran FDP-Chef Christian Lindner, der aus Machtstreben die sogenannte Ampelkoalition der Bundesregierung bewusst und mutwillig zerstört hat.