Steuersünder

Wer Steuern nicht bezahlt, ist nach gängigem sprachlichen Verständnis ein Steuerhinterzieher und somit ein Straftäter. Doch leben wir in einer Privilegiengesellschaft, daher gibt es selbstverständlich auch hier Unterschiede. Was sich nicht zuletzt an der Sprache zeigt. Sünden waren einst eine rein kirchliche Angelegenheit und galten in diesem Zusammenhang als schweres Vergehen. Seit dem Mittelalter hat sich in Kirchendingen allerdings einiges geändert und auch die Sünde ist nicht mehr, was sie einst war. Seit der Zeit der Aufklärung ist ihr moralisches Gewicht eher gering und so gilt sie im alltäglichen Sprachgebrauch zwar noch immer als Verfehlung, aber nicht unbedingt als Verbrechen. Sünder nehmen wir gern wieder in unsere Mitte auf, wenn sie ein wenig Reue zeigen und ein oder zwei Vaterunser beten. Folglich ist der S. eine privilegierte Version des Hinterziehers, einer also, dem wir gern verzeihen und sogar die Strafe erlassen. Die gleiche semantische Nachsicht zeigt sich auch beim Steuerflüchtling. Für Flüchtlinge immerhin haben wir – auch wenn wir sie nicht ins Land lassen, siehe → Flüchtlingsbekämpfung –, ein wenig Mitleid übrig. Dass mit diesen verharmlosenden Begriffen dauernd Menschen bezeichnet werden, die dem Staat nicht nur eine Handvoll Euro schulden, sondern gleich ganze Millionen, macht die Sache nicht besser. Kein Wunder, dass Steuern zu hinterziehen kaum jemandem als Straftat gilt, die alle schädigt.

Dieser Text erschien zuerst in unserem Buch „Sprachlügen: Unworte und Neusprech von ,Atomruine‘ bis ,zeitnah.‘“

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27 Kommentare

  1. Pingback: Duckhome
  2. Wie sieht es denn mit dem Verkehrssünder aus (da stecken ja tlw. Straftaten mit erheblicher Gefährdung für Leib und Leben der Mitmenschen drin)?

  3. Eine Steuer”oase” kann es ja nur in einer Steuer”wüste” geben. Also dort, wo die Steuern so hoch sind, dass das Ausland einfach günstiger und attraktiver ist.

    Dass Steuerhinterziehung so hart bestraft wird, ist ja klar: Da könnte ja jede(r) kommen…
    Und dann brächen die Einkünfte unserer (parasitär lebenden) Politiker_Innen (und auch der ö.-r. Rundfunkjournaille) weg.

  4. Was mich bewegt ist die Frechheit mit der unsere Politiker bestimmte Gruppen vor Steuern bewahren. Siehe wie Großkonzerne, mit Gewinnen die ins Ausland verlegert, werden Milliarden sparen.Ich sehe diese verfehlte Gesetzgebung als Beihilfe der Politiker zur Steuerhinterziehung
    im Bereich von inzwischen vielen Billionen €. Da sieht die eine Milliarde aus der Schweiz fast schon wie ein Almosen aus. Aber sie machen diese Fälle publick um von Ihren eigenen Fehlern abzulenken. Erst einmal sollten wir dafür sorgen das diese Politiker für diese falschen Gesetze zur Verantwortung gezogen werden.Es sind einwandfrei Gesetze die gegen unser Volk zum Vorteil von Superreichen angewendet werden.
    CDU,FDP, SPD und Grüne jeder Politiker mindestens für 5 Jahre in den Knast. Und keine Pensionen , Aberkennung aller Rechte.

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