Beliebte politische Floskel. Die staatspolitische V. wird bei länger dauernden Debatten mit ziemlicher Sicherheit von einer der beteiligten Seiten gefordert. Man solle doch, bedeutet der Ausruf, das Zanken nun einstellen und sich auf die Dinge besinnen, die nicht nur den eigenen politischen Interessen dienen, sondern dem Staate und damit allen Menschen. Das sollte natürlich immer das Grundprinzip des Handelns aller gewählten Politiker und Politikerinnen sein. Entlarvenderweise wird jedoch stets nur der politische Gegner zu dieser Form der V. aufgerufen. Denn die Debattengegner sollen so dazu bewegt werden, die jeweilige gegnerische Position aufzugeben und dem Projekt desjenigen zuzustimmen, der eben diese staatspolitische V. einfordert. Der oder die Forderer gehen dabei davon aus, dass ihre Position die im Sinne des Staates und damit aller Menschen bessere sei – was die politischen Widersacher und Widersacherinnen selbstverständlich sofort lauthals bestreiten. Das Ganze ist somit nicht mehr als ein völlig normaler Vorgang im politischen Hin und Her, das jeden Weg zu politischen Kompromissen pflastert. Das zeigt sich bereits an dem aufgeblähten Wort Staatspolitik. Ein Staat denkt und handelt nicht, es sind stets Menschen, die das tun. Wer staatspolitische V. fordert, will sich im Schatten einer anonymen und übergeordneten Macht verstecken, um sich wichtiger zu machen. Gemeint ist vielmehr politische Verantwortung, beziehungsweise schlicht Verantwortung.