Glaubt man der Bundeskanzlerin, dann ist derzeit eine Menge a.: das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das Sparprogramm des griechischen Staates, der Einsatz Krieg in Afghanistan, die NATO. Das Wort ist schwer in Mode. Schaut her, soll es ausdrücken, wir müssen das tun, wir können nicht anders, also hört auf zu jammern. Das kommt daher als eine, wie es hier so treffend heißt, “Politik des übergesetzlichen Notstandes”, oder auch als “Eingeständnis der Hilflosigkeit”. Aber stimmt das? Eher nicht, wie die dabei gern verwendete alternativlose Entscheidung zeigt: Die nämlich ist ein Oxymoron, eine Verknüpfung von Dingen, die sich widersprechen. Wäre die Situation ohne Alternative, also Wahlmöglichkeit, gäbe es nichts zu entscheiden. Gibt es aber eine Alternative und sei es nur die, das Gesetz/die Maßnahme/den Krieg eben sein zu lassen, steht auch eine bewusst getroffene Entscheidung dahinter. Wäre Politik also tatsächlich a., bräuchte es keine Politiker. Was zeigt, dass der Begriff auf keinen Fall hilflos ist. Er ist vielmehr eine glatte Lüge.
Nachtrag: Im Januar 2011 wurde alternativlos zum Unwort des Jahres 2010 gewählt.
Noch ein Nachtrag: Im März 2011 verwendete die Bundeskanzlerin statt alternativlos das Synonym unumgänglich, natürlich mit Bezug auf eine Reform – offenbar wirkt die Beschäftigung mit Neusprech.
Norbert Röttgen (CDU) hat gerade im Kamingespräch bei Phoenix “alternativlos” als ‘auf dem Index’ bezeichnet, es würde durch ‘ohne sinnvolle Alternative’ ersetzt.
Ich hatte das Kamingespräch heute auch gesehen. :)
Röttgen sah es sogar selbst als Neusprech, wenn ich ihn richtig verstanden habe
Muhahahaha… der Mann ist ja noch *er, als seine Artgenossen. Der macht nicht einfach Neusprech, der macht Neoneusprech. Einer der besten der besten der besten. Whaouw!
Ich habe ja neulich darüber debattiert, ob das Wort nicht eigentlich “alternativenlos” heißen müßte. Es soll doch eigentlich ausdrücken, dass es keine andere Möglichkeit, keine Alternative gibt. Das Adverb/Adjektiv “alternativ” hat in meinem Sprachgebrauch die Bedeutung “andersartig” oder “nicht der Norm entsprechend”. “Alternativlos” wäre damit ein gleichartiger Normalbürger, aber nicht jemand, der keine Entscheidungsmöglichkeit hat. Letzterer müßte meinem Empfinden nach “alternativenlos” sein.
Themenvorschlag: Beutezug ost
Frontal21 vom 14. 09. 10
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1137852/Frontal21-Dokumentation-Beutezug-Ost?bc=sts;stt#/beitrag/video/1137852/Frontal21-Dokumentation-Beutezug-Ost