Markenkern

Politische Parteien sollen die Ziele derjenigen verwirklichen, von denen sie gewählt wurden. Marken sollen denen Geld bringen, die sie sich ausgedacht haben. Wenn es daher heißt, der M. der FDP sei beschädigt, Innere Sicherheit mache den M. der CDU aus oder der Atom-Ausstieg gehöre nicht zum M. der SPD, dann stimmt irgendetwas nicht. Offenbar handelt es sich hier um eine Art Wirtschaftssprech. Politik als Produkt, gezielt entwickelt, um sich am Wählermarkt gut verkaufen zu lassen.

Es mag leider wahr sein, dass die einstigen Kampforganisationen nur noch solche zum Verkauf entworfenen Marken sind, gut ist es nicht. Weil sie dann nicht mehr vertreten, was ihre Wähler sich erwarten. Sondern nur noch das, von dem sie glauben, dass es möglichst viele Menschen kaufen wünschen. Politik wird auf diese Art beliebig, austauschbar. Sie hat keine Ziele mehr. Und eine politische Partei, die sich sogar an ihre Inhalte erinnern muss, hat eben jene offensichtlich längst vergessen und besitzt somit auch keinen M.. Die Aussage, er sei nun beschädigt, dürfte damit zumindest eine starke Untertreibung sein.

Nestbeschmutzer

Komischer Vogel, der meistens seinen Arbeitsplatz und sein öffentliches Ansehen, manchmal aber auch seine Freiheit oder gar sein Leben riskiert, um auf ein drängendes Problem hinzuweisen. Und so mithilft, das Nest sauberer zu machen. Hierzulande muss er sich, dafür dass er der Gesellschaft einen Dienst erweist, als N. schelten lassen. Was eine Frechheit ist, hat doch nicht er das Nest beschmutzt, sondern oft genug die, die ihn so nennen.

Im Englischen übrigens heißen N. durchaus respektvoll Whistleblower und sind damit also jene, die in eine Trillerpfeife pusten, um Alarm zu schlagen. So wie die hier beispielsweise.

Mit herzlichem Dank an Stefan K. für den Vorschlag.

Quellen-Telekommunikationsüberwachung

Kommunikation heißt, dass ein Sender (Quelle) Informationen an einen Empfänger (Ziel) übermittelt. Wir haben uns leider längst daran gewöhnt, dass es zum Arsenal kriminalistischer Methoden gehört, Kommunikation zu überwachen, obwohl dabei oft auch Privates belauscht wird. Durch Computer vermittelte Kommunikation abzuhören, ist dabei sogar noch leichter. Es müssen gar keine Wanzen mehr eingebaut werden, die Computer selbst werden zur Wanze, siehe die Quellen-T., gern als Quellen-TKÜ abgekürzt. Sie nutzt die einzigartige Möglichkeit der Computertechnik, an der Quelle mitzulesen. Genau dann also, wenn die Telekommunikation noch gar nicht begonnen hat. Die Quellen-T. ist somit ein Oxymoron, denn wenn gelauscht wird, bevor die Daten den Empfänger erreichen, liegt noch gar keine Kommunikation vor. Gleichzeitig ist der Begriff ein Euphemismus für Überwachung, noch dazu für eine heimtückische Form. Bei zwischenmenschlicher Kommunikation ist die Quelle ein Mensch. Dieser Mensch wird hier von seinem Computer bespitzelt, von einem System, von dem das Bundesverfassungsgericht sagt, dass wir ihm vertrauen können müssen. Der terminus technicus täuscht somit darüber hinweg, dass der Staat die Technik in unseren Händen gegen uns wendet.

Gleichzeitig sind Computer nicht nur Übermittler von Daten. Sie sind auch der Ort, an dem unsere Gedanken zu Information gerinnen, der Ort, an dem aus unseren Visionen Pläne werden. Da Computer inzwischen als Erweiterungen unseres Gehirns gelten können, gehört die Q. dann wohl in die Waffenkammer einer Gedankenpolizei.

Liberalismus, mitfühlender

Der L. ist eine Ideologie, die dem Individuum mehr Rechte geben will und dem Staat weniger. Was ja erst einmal gar nicht schlecht sein muss. Das Attribut mitfühlend gibt nun aber Aufschluss darüber, was diese Ideologie eigentlich bedeutet und dass ihre Anhänger sich dessen durchaus bewusst sind. Warum sonst sollten sie versuchen, ihn durch dieses Adjektiv sympathischer erscheinen zu lassen? Da es nun einen mitfühlenden L. gibt, war der normale L. wohl nicht sehr mitfühlend. Ähnlich dem Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Ebenfalls eine Attribuierung, die vor allem darauf hinwies, dass der Sozialismus eben nicht menschlich war und mit einem solchen Antlitz maskiert werden sollte. Es ist die Zuschreibung einer Eigenschaft, die das System eben nicht besitzt: Meint der L. doch, dass Staat eben nicht helfen soll, auch nicht den Strauchelnden. Helfen will der mitfühlende L. ihnen übrigens auch nicht. Er will ja nur mit seinen Opfern mitfühlen, also Mitleid haben. Was gut klingt, aber nichts kostet und niemandem etwas bringt.

Aufklärung, brutalstmögliche

A. ist vor allem durch Vernunft zu erreichen – zumindest war das die Idee des gleichnamigen Zeitalters. Vernunft ist eine menschliche Begabung; brutal hingegen bedeutet ‚tierisch‘ und ‚unvernünftig‘, also das genaue Gegenteil von aufklärerisch. Brutale A. ist somit bereits ein Oxymoron, ein Widerspruch. Die übertreibende (hyperbolische) Steigerung zu brutalst und das überflüssige (pleonastische) –möglich machen den Ausdruck gänzlich unmöglich. Wer eine brutalstmögliche A. verspricht, könnte ebensogut eine hellstmögliche Verdunklung versuchen.

Das alles ist zwar schon eine Weile her, die Wortwahl aber verdient bis heute Beachtung. Wer sich solchen Nonsens einfallen lässt, drückt vor allem aus, dass er weder das eine noch das andere will. Dass die unvernünftige A. zum geflügelten Wort wurde, beweist, dass jeder die Botschaft verstanden hat. Nun ja, fast jeder.