Mehrheit, schweigende

Ein Gastbeitrag von David H.

Trugbild oder Simulakrum, dient der Legitimation einer unpopulären Entscheidung oder radikalen (Einzel-) Meinung in öffentlichen Diskussionen, vergleiche auch die Netzgemeinde, das Volk oder die Bürger. Wirkt auf den ersten Blick wie eine greifbare Entität und erweckt den Eindruck, es gäbe neben dem Sprecher noch viele, einheitlich handelnde Akteure mit konsistentem, widerspruchsfreiem Willen. Für eine schweigende M. zu sprechen, hat mehrere Vorteile: Erstens lässt es den Leistungsträger Populisten wie ein Sprachrohr Vieler und damit wichtiger erscheinen. Zweitens lässt es ihn mutig wirken, gibt er doch vor, Dinge zu äußern, die andere sich nicht zu sagen trauen; üblicherweise gerechtfertigt mit dem Zusatz: “Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.” Drittens ist es ohne Risiko daher geradezu alternativlos, denn wie sagt das Bonmot ungenauer Herkunft: „Was will die schweigende Mehrheit?“ „Keine Ahnung, sie sagt ja nichts.“

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8 Kommentare

  1. Habe mir unlängst wieder Oliver Stones “Nixon” angesehen. Der sprach seine Wähler auch gerne als schweigende Mehrheit an. Wie wenig sich doch seitdem geändert hat …

  2. Die schweigende Mehrheit kann nicht sprechen, das ist richtig, aber das bedeutet keineswegs, daß sie schweigt. Im Gegenteil, sie veranstaltet ständig ein gewaltiges Getöse. Man muß sich nur mal ein Internetforum ansehen, in dem sie sich über den Islam austobt. Da ist kaum ein Satz, den die Landessprache, die da gegen das Türkische und das Arabische verteidigt wird, zuläßt, aber dafür ist’s ungeheuer laut.

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