Weichgespülte Form des sogenannten Richtervorbehalts. Schwere Eingriffe in Grundrechte müssen in Deutschland von einem Richter genehmigt werden. Das soll garantieren, dass Durchsuchungen und ähnlich unangenehme Dinge von einer Person überprüft werden, die unabhängig ist und nichts mit der Behörde zu tun hat, die in den Sachen anderer Leute schnüffeln will. Bürger sollen so vor staatlicher Allmacht und Willkür geschützt werden. Doch wird diese im Alltag bereits geringe demokratische Hürde bei vielen Überwachungsmaßnahmen noch weiter geschleift, eben durch die Befähigung zum R. Der Ausdruck ist bewusst irreführend, er meint eben keinen Richter und keine Richterin. Die aufgeblasene Bezeichnung für Volljuristen meint Menschen, die das erste und das zweite juristische Staatsexamen bestanden haben und damit als Anwalt oder eben auch als Richter arbeiten dürften, es aber nicht tun, sondern in einer Behörde beschäftigt und damit gerade nicht unabhängig sind. So genügt es beim Bundesnachrichtendienst, wenn ein Beamter der Behörde, der die Befähigung zum R. besitzt, Datenabfragen und Ähnliches genehmigt. Und beim Bundeskriminalamt, wenn jemand mit der Befähigung zum R. prüft, ob die Privatsphäre verletzt und mehr überwacht wurde, als das Gesetz erlaubt. Das Ganze ist also ein Placebo, um staatliche Übergriffigkeit zu verschleiern.
Huii … das ist besonders perfide!
Sehr schön! Es scheint so, als ob die Entscheidung z.B. über die Ausführung einer Überwachung von der rechtsprechenden Staatsgewalt (Judikative) zur vollziehende Gewalt (Exekutive) gewandert ist. Es ist keine Entscheidung mehr, ob eine Behörde Grundrechte im Einzelfall übergehen darf, sondern ob die Behörde die neue rechtliche Situation versteht.
Die Verwendung der Formulierung “Befähigung zum Richteramt” aus dem Richtergesetz lässt den Eindruck entstehen, dass statt eines Richters oder ersatzweise für einen Richter von einem Behördenmitarbeiten mit Jurastudium entschieden wird.
Genau genommen handelt es sich bei der Verwendung des Ausdrucks “Befähigung zum Richteramt” nicht um eine Wortschöpfung, sondern eher um einen Argumentationstrick, der natürlich ein Fehlschluss ist. Es gilt:
[1] »WENN ein Richter entscheidet, DANN ist der Richter zum Richteramt befähigt.«
Durch den Neusprech entsteht der Eindruck:
[2] »WENN jemand zum Richteramt befähigt ist, DANN entscheidet er wie ein Richter.«
Aber aus [1] folgt logischerweise nicht [2]. Im Englischen heisst dieser Fehlschluss: affirming the consequent.
Na sowas, das ist mir neu. Was hoffe ich doch, das ich alt genug bin, die Folgen der eingeschlagenen Unrechtsstaatsrichtung nicht mehr erleben zu müssen.
Der Artikel beruht auf einer fehlerhaften Interpretation der angegebenen Quellen. Zum BVerfSchG: Die Befähigung zum Richteramt kommt dort ausschließlich bei der Ausschreibung eines Ersuchens zum grenzüberschreitenden Datenaustausch nach EU-Recht (§ 17 Abs. 3 BVerfSchG) zum Tragen; hier ist gesetzlich kein strenger Richtervorbehalt vorgesehen. Die Datenerhebung unter Eingriff in die Grundrechte selbst steht nach wie vor unter Richtervorbehalt (§ 9 Abs. 2 BVerfSchG). Die richterliche Anordnung kann zwar bei besonderer Dringlichkeit (wenn eine richterliche Anordnung nicht rechtszeitig herbeigeführt werden kann) vom Präsidenten des BfV oder seinem Vertreter ersetzt werden, muss dann aber unverzüglich nachgeholt werden (a.a.O.). Zum BKAG: auch hier ist regelmäßig Richtervorbehalt vorgesehen (§ 13 Abs. 1 BKAG). Die Befähigung zum Richteramt ist erforderlich für die Beurteilung, ob bei einmal erhobenen Daten solche aus dem Kerbereich privater Lebensgestaltung betroffen sind, damit diese dann vorschriftsmäßig gelöscht werden (§ 20k Abs. 7 BKAG). Der Richtervorbehalt selbst, der eine Entscheidung eines Richters verlangt, bezieht sich selbstverständlich und ganz ausdrücklich auf Richter am jeweils zuständigen Gericht. Ich sehe hier keine Verschleierung.