Das Ausreisezentrum oder die Ausreiseeinrichtung gibt es schon länger. Bereits 2002 wurden die Begriffe und die dazu gehörenden Einrichtungen auf Länderebene geschaffen. Dort sollen Ausländer gesammelt werden, um ihre Abschiebung zu organisieren. Obwohl es tatsächlich meist um Abschiebungen geht, wird der Euphemismus Ausreise verwendet und damit unterstellt, dass eine gewisse Freiwilligkeit bestünde. Ja, es gibt tatsächlich Fälle von freiwilliger Ausreise – meist wenn die Freiwilligkeit finanziell angeregt wird. Um die aber geht es hier nicht.
Das B. steigert die sprachliche Beschönigung des Ganzen noch. Der Kern des Kompositums ist dabei das Zentrum oder die Einrichtung, also ein bedeutungsleeres Wortbildungselement (vgl. → Kompetenzzentrum), das wohl vor allem dazu dient, das Wort Lager zu vermeiden.
Dieser bedeutungsleere Kern wird dann gleich zweimal modifiziert: zum einen durch die schon erwähnte Ausreise und zum anderen durch Bundes-. Denn es darf unterstellt werden, dass sich Bundes- auf Zentrum bezieht (um es von den Landeseinrichtungen abzugrenzen) und nicht auf Ausreise. Obwohl auch diese Deutung denkbar wäre, denn es soll ja aus der Bundesrepublik ausgereist beziehungsweise abgeschoben werden, und der Bund soll das organisieren.
Insgesamt handelt es sich bei dem B. um ein Determinativkompositum – ein vorderes Wortglied bestimmt ein hinteres näher. Doch das Wort versagt auf ganzer Linie: Zentrum ist nichtssagend, Ausreise ein Euphemismus und Bundes- hat zumindest einen unklaren Bezug. Der verständlichere Ausdruck wäre Abschiebelager. Aber wahrscheinlich wären diese politisch nicht durchzusetzen, wenn sie auch so heißen würden.
Das Neusprech-Begriffspaar “freiwillige Ausreise”, der bislang noch nicht enthalten ist, toppt dies noch – handelt es sich doch um eine erzwungene “Ausreise” unter Androhung der Abschiebung – in Neusprech: “aufenthaltsbeendigende Maßnahmen”.