Eigentum, geistiges

Der Ausdruck kommt so plausibel daher, dabei ist er eine Propagandavokabel, die lediglich Assoziationen wecken soll. Denn die Idee des E.-s funktioniert bei Ideen nicht, ja sie ist sogar kontraproduktiv. E. heißen Dinge, die ihren Wert daraus beziehen, dass jemand die alleinige Herrschaft über sie ausübt. Ungenutztes Gold mag einen Wert darstellen, wenn es im Tresor liegt, weil es in diesem Moment kein anderer haben kann. Ungenutzte Ideen hingegen sind für den, der sie hat, nutzlos. Ein anderer kann sie genauso haben, beziehungsweise auf den gleichen Gedanken kommen, egal wie gut die Idee eingeschlossen ist. Wie Hoffmann von Fallersleben schon dichtete: „Die Gedanken sind frei.“ Das ist der große Nachteil von Dingen, die sich nicht anfassen lassen. Zumindest aus Sicht derer, die trotzdem gern allein über sie herrschen und Profit aus ihnen schlagen wollen. Dabei ist diese „Gedankenfreiheit“ eigentlich ein Vorteil. Denn wer eine Idee mit anderen teilt, der vervielfältigt sie zum Nutzen aller und damit auch zum eigenen. Je freier ihre Nutzung geregelt ist, desto mehr Menschen können davon profitieren. Genau darin liegt der eigentliche Gewinn solcher nichtmateriellen Güter. Wer jedoch versucht, Ideen wie E. einzusperren, beziehungsweise ihre Verbreitung zu verhindern, der enthält damit der Gesellschaft etwas vor. Und er läuft im Zweifel Gefahr, viele Menschen zu Verbrechern zu erklären und eine Zensur zu installieren. Viele also zahlen einen hohen Preis, damit einer profitiert. Genau das will der Begriff verschleiern rechtfertigen.

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92 Kommentare

  1. Beim Thema Patente, die ja ebenso unter Schutz des “geistigen Eigentums” fallen, auch wenn sie nur ein Teil der selbigenn sind, gab es durchaus auch Ansätze dazu, daß man z.B. Geschäftsmodelle und andere abstrakte Konzepte schützen lassen kann.
    Da gelegentlich auch Patente erteilt werden, die keine eigene Schöpfungskraft beinhalten (siehe Gen-Patente), ist also “Idee” als “geistiges Eigentum” garnicht so abwegig, ud sogar “Entdeckung” als “geistiges Eigentum”.

    Das sind derzeit noch recht schleichende Prozesse, aber wenn dadurch das allgemeine verständnis sich schleichend ändert, wird es auch eines Tages das
    Rechtsverständnis unterwandern.

    Die gesamte Debatte um “geistiges Eigentum” ist sehr einseitig geführt.
    Dabei wird immer nur “geistiges Eigentum” als “privates geistiges Eigentum” verstanden. Von “geistigem Gemeinschaftseigentum” wird jedoch nicht gesprochen.

    Daß ein Werk-Schöpfer in einer monetär geprähgten Welt auch eine Entlohnung (welcher Art auch immer) bekommt, ist ja grundsätzlich nicht verkehrt. Den Einzelnen “Nutzern” dieses Werkes löhnen dann dafür, oder es gibt eine Umlage, die dann dem Autor zugute kommt.

    Dabei wird ein Werk aber, wenn es eine größere Bedeutung hat, auch zu einem gesellschaftlichen Nutzen / Kulturgut werden können.

    Spätestens dann wird der Anspruch eines Werk-Erstellers auch relativiert werden müssen, wenn z.B. der Anspruch auf “geistiges Eigentum” benutzt wird, um der Weiterverbreitung eines bereits gesellschaftlich/kulturell wichtigen Werks verhindert werden soll.

    Da steht “geistiges Gemeineigentum” vs. “geistiges Gemeinschaftseigentum”.

    Das alles unter der Vroaussetzung, daß man “geistiges Eigentum” als Begriff überhaupt akzeptiert.
    (Was wegen der Kopierbarkeit ohne Entzug des Werks ja fraglich ist.)

    Auch muss berücksichtigt werden, daß ein Werk, wenngleich der Autor notwendig war, um es zu kreieren, dies nicht hätte machen können, würde er nicht in ganz spezifischen gesellschaftlich-/kulturellen Bedingungen existieren.
    Ein Romanautor z.B., der aktuelle Themen aufgreift, schafft mit seinem Roman zwar ein Werk, aber ohne die aktuellen Themen, die bereits weit verbreitet sind, könnte es nicht erzeugt werden.
    Wenn jede Einzelheit, die dem Werk zufliesst, ebenso als geistiges Eigentum deklariert würde, wprde kein Romanautor je irgendwie fertig werden und davon leben können. Die Lizenzgebühren an z.B. Nachrichtensender, die die Themen des Romans erst haben aufkommen lassen, wären immens. Und die Recherche würde so viel zeit verschlingen, daß das Werk nicht fertig würde.

    Und wenn dieses Werk einmal verbreitet ist, und sollte er kulturell wichtig sein, dann ist dem beharren auf rein privater Nutzung im Vergleich zur Vergesellschaftung auch fragwürdig.
    Der Autor /Werkschaffende sollte zwar eine Entlohnung für seine Mühen bekommen und auch gerne gut davon leben können. Wer damit aber bereits Millionen abgeschöpft hat und sich wegen einzelner Kopien dann aufregt, das ist dann IMHO fragwürdig.

    Zum Thema Verlust von Einnahmen durch Kopieren (die typische Raubkopierer-Debatte), soviel: Es wird da oft von Musik- und Filmindustrie hochgerechnet (das kann man wohl wörtlich nehmen: HOCH-gerechnet), wieviel Verluste durch solche Kopieraktionen entstehen.
    Dabei entsteht doch ein (relativer) “Verlust” allenfalls dann, wenn jemand, der eine solche Kopie kostenlos bekommt, bei nicht-existierender Kopiermöglichkeit das Original kostenpflichtig erstehen würde.
    Es gibt aber viele Leute, die, bekämen sie keine kostenlose Kopie z.B. eines Films, auch kein original kaufen würden, auf den Konsum im Kino oder via DVD verzichten würden – entweder komplett verzichten, oder warten, bis der Film im (unbezahlten) Fernsehen läuft.
    Dann entsteht garkein Schaden, da das Kopieren nicht ursächlich ist für einen Rückgang von Verkaufszahlen.
    Vielleicht ist der oft ins Feld geführte Umsatzmangel eine in anderen Branchen auch auftretende Rückläufigkeit, z.B. aufgrund sinkenden Reallohnes der Bevölkerung, oder weil es an der Filmqualität mangelt,
    oder eben die guten Ideen fehlen (“kennt man schon, ist so ungefähr wie Film xyz, nur noch etwas langweiliger… anschauen lohnt nicht).

    Interessant ist, daß alle Branchen mit Umsatzrückgängen kämpfen müssen,
    und die das eben hinnehmen müssen…
    …nur bei Film-/Musikindustrie meint man, es müsse inmmer nach oben gehen und wenn es mal nicht so ist, ist “das Internet” schuld dran.

    (ok, an der Börse denkt man genauso, daß es immer nur nach oiben gehen muß ;-)).

  2. >Spätestens dann wird der Anspruch eines Werk-Erstellers auch relativiert
    > werden müssen, wenn z.B. der Anspruch auf “geistiges Eigentum”
    > benutzt
    > wird, um der Weiterverbreitung eines bereits gesellschaftlich/kulturell
    > wichtigen Werks verhindert werden soll.
    >
    > Da steht “geistiges Gemeineigentum” vs. “geistiges
    > Gemeinschaftseigentum”.

    Gemeint war:
    Da steht “geistiges Privateigentum” vs. “geistiges Gemeinschaftseigentum”.

  3. Zwei TED-Videos möchte ich hier noch empfehlen:

    Larry Lessig on laws that choke creativity
    http://www.ted.com/talks/larry_lessig_says_the_law_is_strangling_creativity.html

    Lawrence Lessig: Re-examining the remix
    http://video.ted.com/talk/podcast/2010X/None/LawrenceLessig_2010X.mp4

    Zum Kopieren/Re-Kreieren sei noch erwähnt: ohne Kopiervorgang und Remix gäbe es uns Menschen nicht… die DNA wird kopiert, und auch hin und wieder remixed…
    …so sind im menschlichen Genom beispielsweise viele Bruchstücke von viraler DNA vorhanden, die sich im Laufe der Evolution dort eingebaut hat.

    Würde man sich überlegen, was passiert wäre, wenn die Viren ein Copyright-Schutz durchgesetzt hätten haben können, wäre das nix geworden mit der Menschheit…. klar, daß Viren sowas nicht können, aber um das irrsinnig fortschrittsblockierende Prinzip zu verdeutlichen, das im Kopier-Verbot liegt, kann man das ja mal theoretisch durchdenken…

    Ich krieg’ jedenfalls jedesmal schlechte Laune, wenn bei youtube statt eines Videos, die Anzeige kommt, dei GEMA oder Sony oder Ähmliche sind der Grund dafür, daß das Video nicht angezeigt wird.

    Wie irrsinnig. Dabei wäre das doch kostenlose Werbung für die Musik…

  4. Den Zusammenhang mit dem Urheberrecht sehe ich beim geistigen Eigentum nicht. Geistiges Eigentum bleibt mein Buch, meine Komposition, mein Arrangement etc. immer.
    Worum es in der ganzen Urheberrechtsdebatte geht sind die Verwertungsrechte an diesem sogenannten geistigen Eigentum. Das bedeutet, das Produkt, welches aus dem geistigen Eigentum resultiert ist Gegenstand des Urheberrechts, welches im englischen darum treffender copyright heisst.
    Ich denke, niemand will die Autoren, Komponisten oder sonstwie Kreativen schädigen, aber ein Rechtsgebilde, welches nur vorgibt, diese, in Wirklichkeit aber eigene kommerzielle Interessen zu schützen, ist diskutabel.

  5. Hintergrund:
    Martin Haase – Lehrstuhl für romanische Sprachwissenschaft an der Universität Bamberg

    Felix von Leitner – arbeitete unter anderem für Deutsche Vermögensberatung AG, Axel Springer Verlag, Deutscher Bundestag, Vattenfall Europe AG

    mehr Beispiele vom CCC kann ich noch bringen, alle bezahlt vom Staat oder der Großindustrie.

    Ich bringe seid 13 Jahren Schallplatten raus, gehöre sozusagen zur Contentmafia, muss allerdings nebenbei mich mit anderen Jobs über Wasser halten, da die Einnahmen in kleinster Weise reichen. Nebenbei helfe ich mittlerweile ca. 50 anderen Labels beim Vertrieb, kann also sagen das ich einen gewissen Überblick über ihre Verkäufe habe. Es sieht ähnlich aus wie bei mir.

    Meinung:
    Egal ob man sich jetzt über Begriffe wie raubkopieren, geistiges Eigentum etc. hermacht, am Ende verlieren die kleinen Bands und ihre Freunde die sie mit ihrer Leistung unterstützen. Ich gründete mein Label, weil ich die Musik die ich mag unterstützen wollte, ebenfalls eine große Rolle spielte für mich die Einnahme einer antikapitalistischen Position.
    Es ist dumm zu glauben, das Ideen vom Himmel fallen und jeder sie haben könnte, nicht jeder kann jeden Song schreiben, dazu sind allein die individuellen Erfahrungen zu unterschiedlich. Das nicht jede kopierte “Idee” eine Verbesserung darstellt zeigen die filmischen Umsetzungen von V wie Vendetta und Watchmen.
    Wenn man möchte (und darum geht es ja), das die Gesellschaft profitiert, sollte/muss die Gesellschaft auch dafür sorgen das ihr Ideengeber würdig leben können. Ohne Almosen, ohne betteln. Da wir in einer Gesellschaft leben, die sich die Aneignung von Dingen/Ideen, welcher Art auch immer zu eigen gemacht hat und diese gnadenlos ausbeutet, ist der einzige Weg einer Verhinderung diese Gesellschaft zu überwinden. Solange aber eine breite Masse zumindest im Kernbereich von der Ausbeutung anderer profitiert, wird sich dies nicht ändern. So stehen viele Künstler Seite an Seite mit den Arbeitern in China, Lateinamerika und Afrika, mit den Leiharbeitern in deutschen Betrieben, mit den “Gastarbeitern” aus Griechenland, Italien und Polen.

    Natürlich (an Martin) geht es in diesem Blog nicht nur um Sprache, sondern auch um ihre gesellschaftlich, politische Relevanz. Am Ende bleibt die Frage: Wem nützt es? Nützt es wirklich den kleinen Künstlern, ohne große Lobby, wenn jeder kostenfrei ihre Songs hören kann? Wird ihr Magen dadurch voller? Beruhigen wir mit den Verweis auf Metallica, U2 und Madonna nur unser Gewissen? Ist jemand der sich nicht selbst für Diebstahl schützen kann, zurecht Opfer? Ich werde mich hüten gewisse Vergleiche anzusprechen, aber bitte versucht bei euren Theorien solidarischer zudenken.

    Danke für Eure Zeit.

    PS: Ich wäre eigentlich sehr dankbar, wenn jemand (vielleicht wäre das ja was für Dich Martin) einen sprachlichen Vergleich der Debatten um Guttenberg und dieser Zustande bekommen würde, mein Können reicht dazu nicht aus. Allerdings ist es schon beeindruckend zu sehen, wie schnell man ( je nach eigener Betroffenheit) die Fronten wechseln kann.

  6. Ohne geistiges Eigentum kein materielles und ohne materielles kein geistiges. Sogar die Förderung von Rohstoffen ist an das geistige Eigentum (z.B. Patente) der Fördermethoden gebunden und der Kulturgenuss an den Konzertsaal, den Monitor, den Sendeturm, das Glasfaserkabel.

    Die Diskussion um die vermeintliche Nicht-Berechtigung von geistigem Eigentum ist ein einziges bla bla, in dem sich nur die Interessenlage der Prozess-Beteiligten widerspiegelt.

    Und die sieht so aus: Werkersteller (Urheber, Autoren), Werkentwickler (Redaktionen, Verlage, Lektoren, Labels) verweisen mit Recht darauf, dass ihre Produkte gefragt sind. Auch wenn nur eifrig für lau verbreitet wird, wären die Produkte wertlos, würde es niemand tun und es würde sich auch niemand darüber aufregen, dies nicht zu dürfen oder mit Abmahnungen e.t.c. verfolgt zu werden.
    Wenn sie einen Wert haben, haben sie auch einen Preis. Der realisiert sich auf dem Markt, solange es noch Marktregeln gibt. Andernfalls wird in die Werkerstellung und Werkentwicklung nichts mehr investiert. Es gäbe nur noch Amateur-Kunst und Amateur-Literatur. Kulturelle Verarmung wäre die Folge.
    Warum strebt man dies trotzdem an? Warum schreien die gleichen Leute nach freiem Kopieren (und meinen Veröffentlichen, sich selbst mit dem Werk eines anderen schmücken, wichtig machen), die über den Guttenberg-Fall zu Recht frohlockten? Warum eine so verlogene Debatte?

    Ganz einfach: Weil es hier um die Branche geht, die daran verdient, Informationen beliebiger Art zu verbreiten. Geschützte und ungeschützte, private und öffentliche, dem Urheberrecht oder verwandten Rechten unterliegende und solche, die längst gemeinfrei sind.
    Und diese Unterscheidung von Schutzfristen, Honorarforderungen, das Rückfragen bei den Autoren und das Erwerben klar abgegrenzter Verwendungsrechte ist mühsam und teuer. Diese Kosten möchte man los werden, ohne die langfristigen Folgen zu bedenken.
    Die Aufgabe der “Netzgemeinde” wäre, die Urheber zu stärken, anstatt jenen zu helfen, die ihr Produkt mit deren Werken attraktiv machen, mit der Begründung des angeblich nicht kontrollierbaren Kopierens die Autoren jedoch mit einem einmaligen Handgeld abspeisen und damit in Abhängigkeit halten oder ein Zwangsgeld-System wie den öffentlich-rechtlichen Medienfunk mit all seiner Einseitigkeit und Verschwendung noch stärker etablieren wollen.

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