Paket

Nennung des Wortes “Paket” in Bundestagsreden. Quelle: ZEIT ONLINE

Rentenpaket, Bankenpaket, Energiepaket, Klimapaket und immer wieder das Sparpaket. Politiker packen gern P.-e. Natürlich nur sprachlich und nicht im Schichtdienst bei Amazon. Der Begriff ist so beliebt, weil er sich mit so ziemlich jedem Substantiv zu einer gewichtig klingenden Vokabel verknüpfen lässt. Bildungspaket, Teilhabepaket, Gesamtpaket, Rundum-sorglos-Paket … Klappt auch anders herum, wie in Paketlösung. Niemand sagt, was darin enthalten ist, aber hört sich das nicht toll an? Auch Adjektive funktionieren prima. Und so entsteht im Bundestag gelegentlich gar ein nichtssagendes aber trotzdem mutiges P. Dank der Häufung fällt jedoch schnell auf, wie sinnlos dieses Blähwort ist. Konstruktionen wie Gesetzespaket, Maßnahmenpaket oder gar Akut-Maßnahmenpaket belegen, dass die Vokabeln gar nichts bedeuten. Noch absurder wird es, wenn ein P. (weil sein Inhalt geheim ist) nach einem der Verhandlungspartner benannt ist, wie das Spahn-Paket. Niemandem wird klar, was sich in einem solchen politischen P. verbirgt und ob es sich dabei nicht eher um winzige Päckchen handelt. Genau deswegen werden diese sinnlosen P.-e jedoch leider so oft geschnürt.

Debatte, masochistische

Versuch von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), die Forderung zu diffamieren, dass Autos die Luft weniger verschmutzen sollten. Scheuer möchte nicht mit der Verschärfung von Grenzwerten belästigt werden, heißt diese Begriffsschöpfung, denn natürlich ist nicht die Diskussion über Grenzwerte masochistisch, sondern in seinen Augen deren Verschärfung. Damit ist masochistische D. eine Enallagé, eine irreführende semantische Beziehung zwischen einem Adjektiv und einem Substantiv. Doch wie können strengere Grenzwerte, die dazu dienen sollen, die Luft sauberer zu machen, masochistisch sein? Masochismus ist schließlich die Neigung, durch Schmerzen oder Demütigung Lust zu erfahren. Grenzen für den Schadstoffausstoß festzulegen dient dazu, Schmerzen und Leiden gerade zu vermeiden, die infolge von durch Schadstoffen verursachten Krankheiten entstehen. Und natürlich ist es unerheblich, ob jemand Lust oder Befriedigung aus schärferen Grenzwerten zieht. Scheuer selbst erklärt seine Wortschöpfung damit, dass es darum gehe, „wie wir uns in Deutschland mit immer schärferen Grenzwerten selbst schaden und belasten können“. Scheuers Logik erschließt sich daher erst, wenn betrachtet wird, wer in diesem Satz mit wir gemeint ist: Nicht etwa die Menschen, die an viel befahrenen Straßen leben und die dadurch krank werden. Sondern Autofirmen, die durch strengere Grenzwerte dazu gezwungen werden, neue Autos zu entwickeln. Scheinbar tut es also weh, sich etwas Neues auszudenken. Das ist seltsam. Aber wenn es stimmt, dann könnte es erklären, warum Konservative so vehement gegen Veränderungen sind.

Klimahysterie

Schmähbegriff von Rechtspopulisten und Rechten. Soll den Versuch diffamieren, die Erderwärmung zu bekämpfen. Was diejenigen, die den Ausdruck benutzen, gegen den Kampf für ein besseres und lebenswerteres Klima haben? Sie wollen ihr Verhalten nicht ändern und beschimpfen die Forderung, das zu tun, als Klimadiktatur. Als Gewaltherrschaft also. Klimahysterie-Hysteriker leugnen lieber, dass die Erde aufgrund menschlichen Handelns auf eine Katastrophe zusteuert und bezeichnen alle als Lügner, die entsprechende wissenschaftliche Studien zitieren. Erfunden haben sie den Ausdruck jedoch nicht. Schon der SPD-Politiker Peter Struck war vor zwölf Jahren der Meinung, es sei K., wenn man dauernd über den Klimawandel rede und nicht über die Arbeitsplätze, die durch Veränderungen der Wirtschaft gefährdet würden. Das Argument mit den Arbeitsplätzen wird immernoch angeführt. Auch von der SPD. Nur den verunglimpfenden Begriff K. nutzen die Sozialdemokraten nicht mehr. Das macht nur noch die AfD.

Schöne-Worte-Gesetze

Die Große Koalition macht Geschichte, nicht unbedingt durch ihre politischen Erfolge, aber immerhin durch sprachliche Innovation: Ihre Gesetze führen seit einiger Zeit seltsame Drei-Wort-Komposita im Namen, die mit einem Adjektiv beginnen:

  • Gute-Kita-Gesetz
  • Starke-Familien-Gesetz
  • Geordnete-Rückkehr-Gesetz
  • Faire-Kassenwahl-Gesetz

Das Adjektiv bezieht sich auf das zweite Kompositionsglied, nicht auf das dritte. Trotzdem neigt man dazu, es unwillkürlich auch auf das dritte Wort zu beziehen, wie gelegentliche Versprecher bezeugen. Gemeint sind gute, beziehungsweise bessere Kitas, doch wahrgenommen wird auch die Bedeutung eines angeblich guten Gesetzes. Damit ergibt sich eine Enallagé, also ein falscher semantischer Bezug auf das Gesetz. Wahrscheinlich werden gerade deshalb von der Koalition Adjektive verwendet, die etwas Positives transportieren (Konnotation). Gut ist das jedoch nicht, sondern irreführend. Wie der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung feststellt, handelt es sich um eine typische Reklamestrategie. Selbst wenn wir annehmen, dass durch das jeweilige Gesetz Kitas gut werden und Familien stark, so stellt sich spätestens bei der Rückkehr die Frage, ob diese Ausweisung von Flüchtlingen tatsächlich durch ein Gesetz geordnet werden kann. Komplett unsinnig wird es bei der Kassenwahl. Da gehe es nicht um Fairness, sondern um Preiskampf und Konkurrenz zwischen den Krankenkassen – zum Nachteil der Versicherten, kritisiert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Aber möglicherweise will die Bundesregierung gar keine präzisen Bezeichnungen schaffen, sondern nur wohlklingende Namen. Ob auch die Gesetze gut, stark, geordnet oder fair sind, bleibt in jedem Fall fraglich.

Siehe auch:Drittstaaten, rückkehrpolitisch-relevante

Verfassungsrecht, archaisches

Es wird niemanden überraschen, dass FDP-Chef Christian Lindner nicht viel davon hält, Firmen zu enteignen. Aber muss er deswegen gleich das Grundgesetz als altbacken und überholt beschimpfen? In einer Rede vor dem Deutschen Bundestag sagte Lindner im April 2019 zum Thema Enteignung von Wohnungsunternehmen: „Ja, in Artikel 15 des Grundgesetzes ist das vorgesehen.“ Um gleich danach auf den Artikel draufzuhauen: „Das ist archaisches Verfassungsrecht.“ Nett war das nicht. Denn er verunglimpft schließlich diese Rechtsnorm kurzerhand als veraltet und antiquiert. Immerhin stammt das gesamte Grundgesetz aus dieser von Lindner in seiner weiteren Rede bemängelten grauen Vorzeit – aus der gleichen Zeit nämlich, wie der von ihm geschmähte Artikel. Bislang hat es sich trotzdem als recht nützlich erwiesen, ja geradezu als wegweisend, einige Regeln zu formulieren, die allgemeingültig sind. Und wenn es bei einem Tagebau richtig ist, das Wohl der Gemeinschaft über das Wohl einiger Weniger zu stellen, warum soll es dann bei der Suche nach bezahlbaren Wohnungen für Viele falsch sein?