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In der Werbung ist Irreführung verboten, im Journalismus leider nicht. Also, eigentlich ist sie das auch dort, aber es hält sich offensichtlich nicht jeder daran. Der große deutsche Zeitschriftenverlag Gruner+Jahr will, so schreibt es beispielsweise die Süddeutsche Zeitung, die Redaktionen von zwei seiner größten Zeitschriften zu einer N. umbauen. Das klingt nach Vernetzung und danach, als würden viele tolle Dinge miteinander verbunden und könnten sich gegenseitig irgendwie, keine Ahnung … befruchten? Es klingt auch nach Internet und World Wide Web – auf jeden Fall sehr fortschrittlich. „Die Brigitte hole durch diese Strukturveränderung ‚mehr Vielfalt und Potenzial von außen rein‘“, zitiert die Zeitung aus einem internen Papier des Verlages. Und weiter: „Beide Zeitschriften sollen ‚von einem agilen, kreativen und flexiblen Kompetenzteam aus gedacht und produziert‘ werden, bei dem es sich um die bisherige Chefredaktion, CvD, geschäftsführender Redakteurin, Textchef sowie den Ressort- und Redaktionsleitern, handelt.“ Toll. Mehr Vielfalt, mehr Kreativität, mehr Flexibilität. Das werden sicher prima Zeitschriften. Ein Gewinn für alle sozusagen. Äh, halt … Warum müssen dann aber erst einmal bei der Brigitte neun und bei der Geo vierzehn Redakteurinnen und Redakteure entlassen werden? Waren die nicht kreativ, nicht agil, hatten kein Potenzial? Warum sollen das alles nun freie Autoren machen? Sind die irgendwie besser als festangestellte? Oder ist das vielleicht nur eine Irreführung, um zu verschleiern, dass es allein um Geld geht? Redakteure sind teuer, die wollen ein regelmäßiges Gehalt, kosten dazu noch Sozialabgaben, haben Kündigungsschutz. Sehr lästig, wenn man der Verlag ist, der das bezahlen soll. Wer gewinnt somit bei einer N. etwas? Der Verlag. Wer verliert etwas? Die Journalisten und die Leser. Denn freie Autoren haben keine Sicherheit, stehen unter höherem Druck, machen unter Umständen schneller Kompromisse. Die N. klingt damit nach einem Sudelwort vergangener Jahre, nach Synergie. Die sollte immer nur Rausschmisse und Stellenstreichungen kaschieren und bedeutete für die Betroffenen stets mehr Unsicherheit und weniger Geld. Leider ist es bei der N. genauso.

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5 Kommentare

  1. U. a. deshalb gibt es Ideen wie bedingungsloses Grundeinkommen. So könnten/müssten Herausgeber, Investoren bzw. Verleger indirekt über Steuern die entlassenen Mitarbeiter bezahlen. Die entlassenen Mitarbeiter könnten mehr machen, was sie wollen, für nötig halten, unabhängig bis sogar ins Arbeitgeberkritischste. Steuergerechtigkeit für sich und andere könnten sie ebenso über Blogs und Ähnliches thematisieren bzw. einfordern. Hätte ein Chefredakteur einen halbwegs ordentlichen Themenvorschlag, könnte man sich eher überlegen, ob es einem Arbeit oder zumindest zusätzliches Einkommen wert ist. Herausgeber bräuchten sich nicht mehr über abhängigen Journalismus beklagen, weil die Mitarbeiter ja wirklich recht frei wären.

    Aber das schreibt ja ein Erwerbsloser, der nur das Nötigste fürs Amt tut, und versucht zu machen, was er für richtig hält. Leben, so gut es geht, eben.

  2. Man erinnere sich noch an die Firma die gross “Synergy at work” tönte (SNI). Sie existierte nur 8 Jahre.

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