Preisanpassung

Wenn Preise angepasst werden, sind sie auffälligerweise anschließend fast immer höher als zuvor. Die P. ist also meist eine Preissteigerung. Aber Anpassung klingt natürlich besser. Es handelt sich somit um einen Euphemismus. Noch dazu um einen, der nicht nur die ursprüngliche Bedeutung versteckt, sondern sie geradezu entschuldigt. Denn anscheinend konnte niemand etwas dafür, dass der Gegenstand nun teurer ist, die Preise mussten einfach an irgendetwas angepasst werden. Dieses Etwas ist schuld und der Anpasser war dazu nachgerade gezwungen. Der eigentliche Verursacher, derjenige also, der einen höheren Preis festgelegt hat, wird gut verborgen, der Begriff wird unpersönlicher. Daher handelt es sich bei der P. auch um eine sogenannte Nominalisierung. Oft begegnen einem die P. im Plural. Der macht sie noch undurchsichtiger. Denn durch die Pluralisierung des Handlungssubstantivs verschiebt sich die Betonung weg von der konkreten Handlung, hin zum Ergebnis. Mietanpassungen, um ein beliebtes Beispiel zu nennen, haben nichts mehr zu tun mit einem Hausbesitzer, der nach Gutdünken die Miete manipuliert, und sie haben auch nichts mehr zu tun mit einer steigenden Miete. Sie klingen vielmehr wie eine Notwendigkeit, der sich niemand entziehen kann. Eine tolle Erfindung.

Dieser Text erschien zuerst in unserem Buch „Sprachlügen: Unworte von ,Atomruine‘ bis ,zeitnah‘“

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8 Kommentare

  1. Eine ähnliche groteske Wortschöpfung ist Werterhaltung (“…wir haben uns zur Werterhaltung verpflichtet…”), welches Versicherungen gerne benutzen, um Preiserhöhungen anzukündigen und dies noch als eine positive Leistung darzustellen.

  2. Vorschlag für einen Blogpost über: “Schlupfloch” oder “Steuerschlupfloch”

    es impliziert irgendwie einen Fehler oder ein Versehen, obwohl Lobbyisten dort eigentlich nichts dem Zufall überlassen.

  3. HERRlich(t) Esperato oder Kauderwelsch, und wenn die Mimik im Gespräch nicht aussen vor steht, reicht dann auch diese – kommunizieren ist das Ziel.
    Aber nein, der Mensch ist erfinderisch. Die Sprache spiegelt das Wesen einer Gesellschaft wieder und die sog. Globalisierung ist nicht neu, sie war immer da. Nur das fehlende (richtige) Verständnis dafür wurde neu entdeckt. Und warum? – die Antwort liegt wohl irgendwo hier zwischen den Zeilen …

  4. Aber »Preissteigerung« und »Preiserhöhung« sind (streng genommen) auch im Nominalstil. Entscheidend ist wohl der Euphemismus.

    Ein Anpassen der Preise nach unten kommt selten vor, aber es ist nicht ausgeschlossen: Der Gaspreis ist zum Beispiel an den Ölpreis gebunden. Wenn der Ölpreis sinkt, wird (unter bestimmten Umständen) auch der Gaspreis angepasst. Die Preise für Hardware werden manchmal reduziert, wenn das Angebot zu hoch ist.

    Ich habe hier noch einen schönen Vorschlag für das nächste Unwörterbuch: Garantieziehung. Die Quelle ist dort angegeben.

  5. Nach zwanzig Jahren EDV merken wir uns folgendes Kundenstatement : Mit ihnen spreche ich immer so gerne, sie sind der Einzige bei dem nix teurer wird. Sonst alles gut.

  6. “Maniouliert” ein Vermiter die Miete? Sicher, er legt den Preis fest und auch eine Steigerung- in Grenzen.
    Der Miete manipuliert aber auch: er zieht aus, wenn es ihm zu teuer wird oder gar nicht ein.
    MIt ist der Begriff aber zu abwertend, er kann im Einzelfall sicher begründet sein, wenn ein Mietpreis massiv über dem Mietspiegel liegt oder Kosten umgelegt werden, bei denen das nicht zulässig ist.

  7. Manipulieren kommt von manuell, es meint im Wortsinn nur eine von Hand verrichtete Tätigkeit. Ich finde, das passt ganz gut, weil es eben den Verantwortlichen benennt. Aber ja, es stimmt, heute gilt der Begriff vor allem als abwertend. Das habe ich dabei biligend in Kauf genommen, gebe ich gerne zu.

    lg
    k

  8. Und danke für die Wortvorschläge, vor allem das Steuerschlupfloch gefällt mir gut, das ist so schön niedlich, das schreiben wir sicher mal auf. Auf der Werterhaltung kaue ich noch ein bisschen rum, habe grad noch keine zündende Idee.

    lg
    k

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