Entscheidungszentrum

Auch Rückführungszentrum, oder Aufenthaltszentrum, spezielles. Das E., beziehungsweise das Willkommenszentrum … nein, das Aufnahmezentrum… falsch, das Ankunftszentrum, ach, halt, das Bundesausreisezentrum … also dieses Abschiebelager – das wurde von der CDU/CSU gerade wieder umbenannt. Jetzt heißt es Entscheidungs- und Rückführungszentrum. Der Irrsinn hat Methode. Das Abschieben von Menschen, die in Deutschland um Asyl gebeten haben, ist nicht sonderlich populär, auch wenn ein kleiner Teil der Bevölkerung es lautstark und mit unflätigen Begriffen fordert. Und den Regierenden scheint es peinlich zu sein, dass sie so offensichtlich auf jenen kleinen Teil der Bevölkerung hören. Daher versuchen sie, ihren Populismus hinter immer neuem Neusprech zu verstecken.

Mit herzlichem Dank an @benfooben für den Tipp.

Cyberattacke

Attacken werden mit blank gezogener Waffe geritten. Wohin will Frau von der Leyen reiten, wenn sie von C. spricht? Und worauf? Oder hat sie als Medizinerin eher die medizinische Verwendung von Attacke im Sinn, die sich in der Husten- oder Herzattacke äußert? Wohl nicht. Wahrscheinlich ist C. eine unbeholfene Lehnübersetzung des englischen Ausdrucks cyber attack, also ein Angriff mit Computern auf Computer. Und damit ein Beispiel für die so beliebten Wortbildungen mit dem Erstglied Cyber-. Denen haftet jedoch vor allem eine Signalwirkung an: Achtung, jetzt kommt heiße Luft! Siehe auch: cyber, cyber, cyber

Systemfehler

Wer einen Fehler macht, ist in der Regel dafür verantwortlich. Das kann Folgen haben und ist unangenehm. Also schiebt man diese Verantwortung gern auf andere. Am besten ist es, wenn anschließend niemand Schuld war, dann gibt es keinen Ärger. Vor allem aber muss dann auch nichts verändert werden, alles kann so bleiben, wie es war. Da bietet sich das unpersönliche System an. Wenn ein System schuld ist, ist die Verantwortung so abstrakt, dass jeder Schuld sein kann oder niemand. Das macht den S. so praktisch. Aber er ist natürlich eine Lüge: Denn irgendjemand hat noch immer einen Fehler gemacht. Systeme entstehen nicht von selbst, jemand hat sie entwickelt, programmiert, gestartet, kontrolliert. Glücklicherweise lassen sich die Schuldigen leicht erkennen. Es sind die, die am lautesten die Schuld auf das System schieben.

Siehe auch → Fehler, handwerkliche und → Einzelfälle, bedauerliche.

Videoüberwachung, konventionelle

Umstrittenes weniger umstritten zu machen, gelingt besonders dann, wenn noch umstrittenere Dinge eingeführt werden. So wurde am → Sicherheitsbahnhof Berlin-Südkreuz nun neben der Videoüberwachung auch ein Pilotprojekt zur Gesichtserkennung installiert. Das lässt dank seiner erschreckenden Möglichkeiten die bisherige Videoüberwachung weniger bedrohlich erscheinen, und so ist plötzlich die Rede von der konventionellen V. Aber ist sie das wirklich? Nein, denn konventionell bedeutet, dass sich alle auf eine Konvention – eine Regel des Umgangs – geeinigt haben. Das trifft aber hier nicht zu, denn V. wird von Datenschützern nach wie vor kritisiert und abgelehnt. Letztlich wird sie nur deshalb als konventionell bezeichnet, weil sich viele Menschen widerwillig an sie gewöhnt haben. Und weil es nun eben mit der automatischen Identifizierung von Personen noch eine Steigerung gibt, die Datenschützer sogar für illegal halten. Dass Letzteres mit dem Schutz der Privatsphäre noch weniger zu vereinbaren ist, heißt aber nicht, dass die V. nicht auch die Privatsphäre verletzt. Das Schlimme ist noch immer schlimm, auch wenn es längst Schlimmeres gibt.

Siehe auch → Videoaufklärung und → Videoschutz.

Videoaufklärung

Ein Berliner Verein von CDU-Politikern propagiert die „Videoaufklärung“

Hoffnung wird hier zum bereits eingetretenen Erfolg hochgegaukelt. Denn gemeint ist die Videoüberwachung. Also das Aufzeichnen aller Menschen im Umfeld einer Videokamera, ohne dass sich diese Menschen eines Verbrechens verdächtig gemacht haben – in der Hoffnung, dass wenn ein Verbrechen geschieht, dieses mithilfe der Videobilder schneller oder leichter aufgeklärt werden kann. Auch wenn es einzelne Beispiele gibt, dass mithilfe von Videoüberwachungsbildern Täter gefunden wurden, existiert dafür keine Garantie. Jede Videoüberwachung zur V. zu erklären, ist ein unlauterer sprachlicher Trick. Denn damit verschleiert die V. die vorherrschende Eigenschaft dieser Tätigkeit. Aus der negativ empfundenen Überwachung wird die positiv klingende Aufklärung. Interessanterweise gehört die Videoüberwachung damit genau wie die Vorratsdatenspeicherung zu den Überwachungsmaßnahmen, für die bewusst immer wieder neue Begriffe gesucht werden. Was nahelegt, dass dahinter der Vorsatz steckt, den Abbau von Freiheiten positiv erscheinen zu lassen. Im Übrigen will die CDU, die das Konzept der V. erfunden hat, damit ziemlich viel Freiheit beschneiden. Denn der Gesetzentwurf, der mehr V. fordert, sieht vor, dass die Polizei neben den Bildern auch Ton aufzeichnen darf. Und damit also die Gespräche auf der Straße mitschneiden. Siehe Videotechnik, Videoschutz.