Leistungsschutzrecht

Jeder Urheber hat das Recht, seine Leistung zu schützen. Das ist das sogenannte Urheberrecht. Es entstand in Folge der französischen Revolution und soll verhindern, dass Verleger in ihrer Profitgier die Schöpfer geistiger Werke ausbeuten. Der Begriff L., den sich Verleger vor einiger Zeit für ein neues Recht ausgedacht haben, das sie gern installieren würden, kann daher nur genial genannt werden: klingt er doch wie eine mindestens ebenso berechtigte Forderung. Geschützt aber wird mit dem L. nicht etwa die Leistung der Urheber, geschützt werden sollen diejenigen, die mit eben dieser Urheberleistung Geschäfte machen. Siehe auch Kreativwirtschaft. Das L. ist somit der Versuch von Leistungsträgern Vermittlern, auch Makler genannt, ihre vergleichsweise geringe Mühe zu vergolden und der einst beschnittenen Profitgier wieder mehr Raum zu geben. Das solche Vermittler weniger leisten als die Urheber, war schon den Kaufleuten der Hanse klar und sie drückten es in ihrer Sprache aus. Deren niederdeutsches makeln ist eine Verkleinerungsform (Diminutiv) des Verbs maken (‚machen‘). Weniger ist mehr, kann man dazu nur sagen und vor so viel Unverfrorenheit entgeistert das schöpfende Haupt schütteln.

Schlichtung

Im ursprünglichen Sinn ist mit schlichten ‚glätten‘ gemeint, aber auch ‚streicheln‘ – irgendwie die Lage beruhigen und nett sein also. Doch entwickelte sich schon früh die Bedeutung ‚vermitteln‘, möglicherweise in Anlehnung an richten. Im Gegensatz zum Richter aber entscheidet der Schlichter nichts, schon gar nicht, wer gewinnt. Er soll einen Kompromiss finden, einen Weg also, mit dem alle Streitenden unzufrieden sind, weil alle auf etwas verzichten. Doch ausgleichen lässt sich nur, was zuvor schon auf einer Höhe lag. Ist das Gefälle zu groß, gibt es nichts zu ‚glätten‘, schon gar nicht, wenn der Glätter selbst keine Macht hat. Der Versuch, zwischen einem Milliardenunternehmen, einer Landesregierung und einigen aufgebrachten Bürgern zu vermitteln, bedeutet somit, dass es darum geht, letztere ruhig zu stellen zu streicheln. Mit Mitbestimmung oder gar Demokratie hat das nichts zu tun. Die S. als Instrument der Politik gaukelt beides nur vor. Ein anderes Wort dafür wäre Placebo – wer Glück hat, fühlt sich besser, an den Ursachen aber ändert sich nichts.

Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

Beim JMStV offenbart sich schon im Titel, dass es sich um Murks handelt. Ginge es ihm – wie er vorgibt –, um den Jugendschutz in Massenmedien, müsste das Ding Jugendschutz-Medienstaatsvertrag heißen. Wobei wir mal großzügig außer Acht lassen, dass das Internet, das er eigentlich regeln soll, kein Massenmedium im Sinne von Rundfunk und Fernsehen ist. Es sei denn, jemand ist so wirr und definiert schlaue Telefone als neuartige Empfangsgeräte und Twitter als Rundfunkangebot. Doch bleiben wir beim Titel. Jugendmedienschutz meint dann wohl eher den Schutz von Jugendmedien, also den Schutz beispielsweise der Bravo vor wem auch immer. Oder aber den Schutz der Medien vor der Jugend. Den es nicht braucht, da die Jugend sich nicht für die klassischen Medien interessiert. Es bleibt unklar. Dass es diesem verqueren Dings mit Gesetzeskraft aber auf keinen Fall um Jugendschutz in Medien geht, zeigt dann auch die weitere Lektüre des Entwurfs. Der glücklicherweise gerade gescheitert ist.

Zwänge, parlamentarische

Ach, diese Politiker. Da wollen sie einem sagen, unter welch fürchterlichem Druck sie stehen, und der gemeine Wähler ist schon versucht zu denken: die armen Schweine. Doch dann ruinieren sie doch wieder alles mit ihrem Hang zur Dramatik, zur Überhöhung, zum Plural. Über Twitter ließen die Grünen in Nordrhein-Westfalen kürzlich verlauten, sie seien zwar weiter gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, aber „die Fraktion hat sich aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschlossen“. Unter Zwang also standen sie? Wurden von bösen Mächten am Guten gehindert? Auch wenn es den Grünen in NRW nicht klar war – ihre Sprache enttarnt, was sie wirklich sagen wollten. Denn es war kein Zwang, niemand hat sie gegen ihren Willen gezwungen, es waren völlig richtig Zwänge – und somit Konventionen, denen sie sich freiwillig unterwarfen. Trickreich, diese Substantive. Manche davon bezeichnen eine Handlung oder einen Zustand und sind von Verben abgeleitet. Diese nun haben die interessante Eigenschaft, dass sie eine neue Bedeutung bekommen, werden sie in den Plural gesetzt. Der Gang hat noch mit gehen zu tun, die Gänge etwas mit Korridoren oder Getrieben; Aufmerksamkeit ist ein Zustand, Aufmerksamkeiten sind kleine Geschenke. Die parlamentarischen Z. also sind klar, was sie wohl sein sollten: eine Ausrede. Gerade die Grünen, mag ausrufen, wer sich noch an frühere Zeiten erinnert. Immerhin hatten die einst einen in ihren Reihen, der sich um solche Konventionen nicht scherte, indem er in Turnschuhen zur Vereidigung als Minister erschien.

Just in time

Einer der Wunderbegriffe der heutigen Wirtschaftstheorien. Klingt nach wahnsinniger Geschwindigkeit, ja nach Schlaraffenland. Als würde alles, was man sich erträumt, sofort herbeischweben. Bedarfsorientiert lautet die offizielle Übersetzung – produziert wird erst, wenn es gebraucht wird, denn Lager sind teuer. Allerdings haben Lager durchaus den einen oder anderen Vorteil. Den bemerkt, wer beispielsweise schon einmal versucht hat, im Winter einen Schneeschieber zu kaufen. Oder wer in einem Flugzeug saß, das nicht starten konnte, da Enteisungsmittel gerade knapp war, oder im Stau steckte, weil kein Salz mehr aufzutreiben war. Wörtlich übersetzt heißt der englische Begriff ‚gerade noch rechtzeitig‘. Wobei selbst das schon ein leeres Versprechen ist, kommt das dringend Gebrauchte doch eigentlich erst, wenn man es längst nicht mehr benötigt. Insofern ist just in time eigentlich out of stock, also nicht vorhanden, somit eine Antiphrase. Irgendwie wurde dieser für die Gesellschaft teure Nachteil des Konzeptes bei der Berechnung des angeblichen Nutzens vergessen. Wahrscheinlich waren die Taschenrechner gerade ausgegangen. Oder die Gehirne.