Luftfahrtsystem, unbemanntes

Manchmal führt der Versuch, einen Gegenstand so neutral wie möglich zu beschreiben, in die Irre. Oder sagen wir vorsichtiger: in eine völlig neue Richtung. Das unbemannte L. beispielsweise ist gemeinhin als Drohne bekannt. Das Wort meint ursprünglich zwar die männlichen Bienen, allerdings ist es längst als Synonym für jene ferngesteuerten Flugzeuge gebräuchlich, die vom Militär eingesetzt werden, um Gegner am Boden zu beobachten. Ursprünglich war das eine durchaus treffende Umschreibung, denn wie die männlichen Bienen hatten auch die ersten militärischen Drohnen keinen Stachel. Allerdings gibt es längst Modelle, die Stacheln haben, also schießen können und zum Beispiel für Tötungen, gezielte eingesetzt werden. Sie müssten, um im Bild zu bleiben, nun Bienen heißen. Ein Vergleich mit den Insekten ist aber offensichtlich nicht länger gewünscht. Die Politik nutzt zur Beschreibung der Geräte nun lieber einen Terminus technicus. Der ist eine Übersetzung aus dem Englischen, wo die Dinger als „unmanned aircraft system“ bezeichnet werden. Das erhebt den Anspruch, neutral und präzise zu sein. Dabei lässt der Begriff offen, worum es eigentlich geht, denn er nutzt das Füll- oder Passepartoutwort „System“, das überall passt. So erscheinen die ferngesteuerten Militärgerät geradezu unbedarft, ja harmlos. Der Ausdruck Drohne hingegen, der natürlich nur eine Metapher und damit unscharf war, hatte zumindest einen bedrohlichen Unterton. Darüber, dass der nun verschwindet, sind viele Politiker sicher nicht traurig. Denn sie planen gerade, das eine oder andere Gesetz zu ändern, damit die eigentlich als Kriegsgerät entwickelten L.-e auch von der Polizei eingesetzt werden können, um Menschen zu überwachen. Nicht nur hierzulande ist das umstritten.

Als Nachtrag ein Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 13. Mai 2013: „Erst im vergangenen Jahr wurden ,unbemannte Luftfahrtsysteme‘ erstmals in das Luftverkehrsgesetz aufgenommen. Die Lobbyorganisation der Hersteller hatte diese Formulierung durchgesetzt, weil das Wort Drohne ,im laienhaften Verständnis militärisch vorbelastet‘ sei. Mit anderen Worten: Man wollte den Menschen keine Angst machen.“ Mit Dank an Janine B. für Hinweis und Link.

V-Mann

Umgangssprachliche Abkürzung, eigentlich Vertrauensperson, manchmal auch Verbindungsperson (V-Person). Bezeichnet Kriminelle die bereit sind, dem Staat, insbesondere dem Verfassungsschutz, nützliche Informationen zu überlassen oder wenigstens so zu tun. Als Gegenleistung erhalten sie Geld. Worauf sich das Vertrauen in dieser Wortkonstruktion bezieht, ist nicht ganz klar. Möglicherweise darauf, dass die Angeheuerten Menschen sind, denen vertraut werden kann. Angesichts diverser Fälle, in denen die Spitzel ihre Geldgeber belogen und täuschten, oder andere gar noch zu Taten anstifteten, statt sie nur auszuspähen, sind daran jedoch Zweifel angebracht. Weshalb das Erstglied des Kompositums wohl eher bedeutet, dass die Geheimdienstler darauf vertrauen müssen, irgendetwas zu erfahren, was ihnen bei der Bekämpfung der Kriminalität nützt. Oder dass sie darauf vertrauen, dass mit ihrem Geld keine neuen Verbrechen begangen werden. Weshalb es sich möglicherweise um eine Antiphrase handelt, also vor allem die Tatsache verschwiegen werden soll, dass diesen Spitzeln besser nicht vertraut werden sollte.

Dass der Wunsch groß ist, das Verfahren sauberer aussehen zu lassen, als es wahrscheinlich ist, zeigt auch eine andere Wortkonstruktion: Wenn mal wieder etwas schief gegangen ist, wird gern gefordert, die V-Leute abzuziehen. Was nahelegen soll, dass sie ordentliche Staatsangestellte oder gar Soldaten sind, die einfach woandershin versetzt werden können. Sind sie aber nicht. Sie sind Kriminelle und niemand kann sie abziehen. Man kann nur aufhören, ihnen Geld zu geben.

Partnerschaft, privilegierte

Die P. klingt wie eine enge Beziehung zwischen zwei Gleichberechtigten. Im politischen Alltag ist sie jedoch genau das nicht. Sie wird dort vielmehr in Abgrenzung zur Gemeinschaft verwendet. So erfanden konservative Politiker für den Ehewunsch all jener Menschen, die nicht dem kirchlichen Ideal entsprechen, die eingetragene P. Man hätte das Ganze auch einfach Homoehe oder noch simpler Ehe nennen können. Genau das aber sollte auf jeden Fall vermieden werden. Ganz bewusst ist diese P. der Ehe nur „nachgebildet“, sie soll eben nicht gleichrangig sein, sie soll ausgrenzen, nicht integrieren.

Dieses Konzept der Segregation (das Gegenteil von Integration), propagieren eben jene Politiker auch, wenn es um Länder geht, die nicht in ihr borniertes Weltbild passen. So soll die Türkei nicht Teil der Europäischen Union werden dürfen. Damit es nicht gar so garstig klingt, wurde ihr eine privilegierte P. angeboten. Was jedoch nur als böser Witz gemeint sein kann. Denn ein Privileg ist ein Sonder- oder Vorrecht (lateinisch: privus ‚gesondert‘ und lex ‚Gesetz‘), wodurch der privilegierte Partner also Rechte genießt, die niemand sonst hat. Das ist natürlich eine Antiphrase. Sollen der Türkei doch weniger Rechte (Privilegien) zugestanden werden als einem Vollmitglied. Nebenbei: Auch das ist ein interessantes Wort, impliziert es doch, dass so etwas wie eine unvollständige Mitgliedschaft gibt. Fazit: Sowohl das Adjektiv privilegiert als auch das Substantiv P. verraten das wahre Ansinnen der Erfinder, sie wollen unter sich bleiben.

Kerneuropa

Es gibt gerade viel Streit im vereinigten Europa. Der eine oder andere Staat hat so hohe Schulden, dass kaum noch jemand daran glaubt, er könne sie zurückzahlen. Das macht einer Menge Politikern Angst. Sie wollen sich daher einen Rettungsschirm umschnallen. Der hat sogar eine eingebaute Schuldenbremse. Oder so ähnlich. Beide scheinen aber nicht so doll zu funktionieren, zumindest gibt es nun den Plan, die so mühsam zusammengklöppelte Europäische Union wieder zu zerlegen. Populisten fordern, Griechenland einige Staaten sollten aus der EU geschmissen werden. Beziehungsweise unterscheiden jene Politiker geflissentlich zwischen einem K. und den übrigen europäischen Ländern, die irgendwie nicht im gleichen Maß dazugehören. Es gibt noch andere schöne Wörter in diesem Zusammenhang, wie Fiskalunion, Stabilitätsunion oder Europa der zwei Geschwindigkeiten. Leider wird dabei jedes Mal vergessen zu sagen, wer denn nun dazu gehört und wer nicht. Das hat System. Denn das ganze Geschwurbel soll vor allem verschleiern, dass die, denen es besser geht, eine Mauer um sich bauen wollen. Europa soll gespalten werden in arm und reich. Die Armen wirft man dem Markt zum Fraß vor, die Reichen retten ihre Schätze. Nett ist das nicht. Die Erfinder des Begriffes K. haben dabei aber offensichtlich nicht bedacht, wie und wo dieses Europa mal anfing: in Griechenland nämlich. Eine phönizische Königstochter gelangte einst aus Nordafrika dorthin. Ihr Name leitet sich wahrscheinlich vom phönizischen Wort erob ab, das vermutlich mit Bezug auf ihre Hautfarbe ‚dunkel‘ bedeutet und dann auf griechisch zu Europa wurde (was so viel wie ‚weitsichtig‘ heißt). Damit befindet sich das K. ziemlich sicher in eben jenem Griechenland, das mancher Banker Politiker gerade gern los wäre. Besonders weitsichtig ist das nicht.

arbeitssuchend

Verbrämendes Bürokratendeutsch für arbeitslos. Keine Frage, es gibt viele Menschen, die eine Arbeit suchen. Beispielsweise, weil sie der Liebe wegen in eine neue Stadt ziehen wollen, oder weil sie sich neue Aufgaben wünschen. Das aber meint das Arbeitsamt Jobcenter nicht, wenn es unterscheidet zwischen a. und arbeitslos. Denn all jene, die sich laut Paragraf 38 Drittes Sozialgesetzbuch als a. melden müssen, sind bald ohne Arbeit und wissen das auch. Zitat SGB III: „Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.“ Sie sind also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst arbeitslos, könnten also auch so genannt werden. Werden sie aber nicht. Denn wer sich a. meldet, taucht in der Arbeitslosenstatistik noch nicht auf, obwohl er es, wird das Dritte Sozialgesetzbuch wortwörtlich ausgelegt, müsste. Es handelt sich also um einen Euphemismus, eine Beschönigung, die in diesem Fall eine Schönrechnung ist. Was noch klarer wird, vergegenwärtigt man sich die Tatsache, dass auch viele, die tatsächlich arbeitslos sind, natürlich eine Arbeit suchen – also getrost als a. gelten dürften, aber trotzdem nicht so genannt werden. Was sie gleich noch diskriminiert. Legt der damit zwischen beiden Zuständen hergestellte Gegensatz doch nahe, dass Arbeitslose eben nicht nach Arbeit suchen, also faul sind.