Protestwähler

Abwertender Ausdruck für Menschen, die keine der „etablierten“ Parteien wählen, die ihr Kreuz also nicht bei CDU, FDP, Grüne oder SPD machen. Unterstellt, dass die P. sich eigentlich für eine der vier Parteien entscheiden wollten, es aber ausnahmsweise nicht taten, um diesen „mal eins auszuwischen”. Basiert offensichtlich auf der Haltung, dass es so etwas wie eine richtige Meinung gibt und dass jede andere Meinung, die von dieser abweicht, falsch und verwerflich ist. Beziehungsweise ignorieren die Verwender des Ausdrucks die Tatsache, dass es andere Meinungen geben kann als die eigene. Der Ausdruck diffamiert damit nicht nur eben jene Wähler, die letztlich nichts weiter tun, als ihr demokratisches Recht wahrzunehmen. Er offenbart auch ein gelinde gesagt interessantes Demokratieverständnis. Und belegt, was Politiker dieser „etablierten“ Parteien grundsätzlich von Wählern und von Wahlen halten. Nichts. Beide sind anscheinend nur solange wohlgelitten, wie das Ergebnis einer Wahl im Sinne dieser Politiker ist. Dabei ist letztlich jede Entscheidung eine Form des Protestes – gegenüber allen anderen Möglichkeiten.

Dieser Text erschien zuerst in unserem Buch „Sprachlügen: Unworte und Neusprech von ,Atomruine‘ bis ,zeitnah.‘“

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14 Kommentare

  1. Danke für diesen tollen Artikel! Ich selbst kenne einige Leute in meinem Bekanntenkreis, die ganz absichtlich den “kleineren Parteien” ihre Stimme gegeben haben, um ein Ausrufezeichen zu setzen.

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